Zum Inhalt springen

Eine Branche erwacht Luxusuhren per Mausklick

Teure Schweizer Uhren werden zunehmend im Internet verkauft – auch auf dem Graumarkt. Die Hersteller freut dies nicht.

Bücher, Unterhaltungselektronik, Kleider und Reisen: Alles wird längst per Mausklick gekauft. Nun können zunehmend auch Luxusuhren online bestellt werden. Auch solche für zehntausende Franken wechseln so ihre Besitzer.

Auch Traditionshändler gehen online

Gübelin, einer der grossen Schweizer Uhren- und Schmuckhändler, eröffnete kürzlich einen Online-Shop für Luxusuhren: «Der Kauf von Uhren im Internet ist im Trend», sagt Geschäftsführer Raphael Gübelin gegenüber «ECO» und sieht sein Angebot als Ergänzung zum Verkauf im Laden. Vorerst bietet er via Internet Uhren von 15 Marken im Wert bis zu 10‘000 Franken an.

Schweizer Uhrenhersteller selbst sind mit dem Vertrieb über das Internet zurückhaltend. IWC machte im letzten Herbst einen Anfang und verkauft seine Uhren auf «Net-à-porter», einer führenden Online-Plattform für Designermode.

Der Handel mit Uhren im Internet werde in naher Zukunft wachsen, meint Analyst René Weber von der Bank Vontobel, von heute 2 auf 5 Prozent in den nächsten fünf Jahren.

Uhren landen auf dem Graumarkt

Wichtige Akteure beim Online-Verkauf von Markenuhren sind Online-Marktplätze wie jene von «Chrono 24» oder «Chronext». Es sind unabhängige Plattformen, die davon profitieren, dass viel zu viele Luxusuhren im Umlauf sind.

Insbesondere Im letzten Jahr blieben viele Händler weltweit auf ihren Uhren sitzen. Weil die Hersteller längst nicht alle überschüssigen Uhren von ihren Händlern zurückkauften, landeten die Uhren auf dem Graumarkt; unter anderem auf Internetplattformen.

Chrono-24-Chef: «Der Graumarkt funktioniert»

Uhren-Graumarkt

Box aufklappen Box zuklappen

Auf dem Graumarkt agieren Uhrenhändler abseits des offiziellen Handelsweges. Sie beziehen neue Uhren kostengünstig von Händlern, die Vertragspartner von Herstellern sind und anonym bleiben wollen. Diese Händler, oft ausländische, werden so Restbestände los. Der Schweizerische Uhrenverband rät, wegen Fälschungsgefahr, vom Kauf auf dem Graumarkt ab.

Zum Beispiel bei Chrono 24. Das deutsche Unternehmen handelt laut eigenen Angaben jährlich 120‘000 Uhren. Es tritt als Vermittler auf und verdient an den Inserate-Gebühren der Händler. Das Unternehmen setzt damit einen Betrag im tiefen zweistelligen Millionenbereich um.

Chrono 24 profitiert davon, dass Uhrenhersteller ihren autorisierten Händlern verbieten, ihre Uhren online zu verkaufen, und die Uhren dann auf Umwegen auf unabhängigen Plattformen landen. Tim Stracke, Geschäftsführer und Gründer von Chrono 24, dazu: «Der Graumarkt funktioniert, weil offizielle Händler nicht an Endkunden verkaufen, sondern an einen Zwischenhändler, auch Sekundärhändler genannt. Diese stellen ihre Uhren dann auf Chrono 24.» Auf der Plattform sind rund 90 Händler aus der Schweiz vertreten.

«Uhrenhersteller sind am inoffiziellen Verkaufskanal nicht interessiert, weil sie so keine Kontrolle mehr über ihre Uhren haben», sagt dazu Uhrenanalyst René Weber.

Nick Hayek hat Vorbehalte

Der Chef des grössten Schweizer Uhrenkonzerns Swatch Group, Nick Hayek, sagt über Online-Plattformen: «Wir können sie nicht verbieten», und lässt damit durchblicken, dass sie ihm missfallen. Hayek gibt zu bedenken, dass auch gefälschte Uhren auf dem Online-Graumarkt auftauchen können. Dazu meint Chrono 24-Chef Stracke, Fälschungen kämen auf seiner Plattform praktisch nicht vor. Man überprüfe die Händler regelmässig.

Ein grundsätzlicher Gegner des Online-Verkaufs ist aber auch Nick Hayek nicht. Er setzt aber auf selektive Aktionen. Im Januar verkaufte er auf Instagram innert weniger Minuten 2000 Omega-Uhren im Wert von je 5400 Franken – per Mausklick.

Meistgelesene Artikel