Ende November hat das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco, das zum Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung gehört, eine Vernehmlassung gestartet. Das Ziel: Sonntagsarbeit in gewissen städtischen Quartieren in Zukunft zu erlauben. Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass bestimmte Läden geöffnet sein dürften: Konkret solche, die Produkte vor allem für Touristen verkaufen. Bern, Zürich oder Basel sind Städte, die die geforderten Bedingungen erfüllen würden: über 60'000 Einwohnerinnen und Einwohner und mindestens 50 Prozent ausländische Gäste bei Hotelübernachtungen. Mit der Vernehmlassungsvorlage sorgt das Seco für viel Kritik.
Christa Markwalder, Präsidentin der Swiss Retail Federation, zerpflückt die Vorlage: «Der Vorschlag des Seco ist überhaupt nicht zielführend, weil er sehr viele Sonderregelungen für den Detailhandel vorsieht, die andere Branchen, die am Sonntag auch arbeiten, nicht haben.» Man wolle keine Wettbewerbsverzerrungen: «Wir wollen, dass nicht nur Läden, die Luxusartikel anbieten oder internationale Kundschaft anziehen, offen haben können, sondern dass der Detailhandel am Sonntag in der Tourismuszone auch offen haben darf.»
Städte sollen Berggebieten gleichgestellt sein
Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit beim Seco, weist auf das strikte Sonntagsarbeitsverbot der Schweiz hin: «Man kann am Sonntag keine Leute beschäftigen. Wenn Ausnahmen vorgesehen sind, müssen sie sehr spezifisch sein.» Ein Coop oder eine Migros an der Bahnhofstrasse in Zürich dürften auch in Zukunft nicht geöffnet sein. Die Vorlage wolle Ausnahmen, die sich an Touristen in Berggebieten richteten, auf Städte ausdehnen: «Jetzt geht es darum, etwas Analoges zu machen – beispielsweise für Quartiere in Städten, die auch internationalen Tourismus haben.»
Es geht eher darum, die Bedürfnisse internationaler Touristen abzudecken.
Die ursprüngliche Absicht der Initiative sei es gewesen, die Wettbewerbsfähigkeit von Städten wie Zürich gegenüber ausländischer Konkurrenz zu stärken: «Auch in Wien hat am Sonntag nicht das grosse Kaufhaus, das sich eher an Inländer richtet, offen. Sondern es geht eher darum, die Bedürfnisse internationaler Touristen abzudecken.» Spezielle Geschäfte, beispielsweise im Luxussegment, die sich an internationale Touristen richteten, sollten am Sonntag geöffnet sein können.
Angebot soll sich an alle richten
Gegen diese Einschränkung wehrt sich Christa Markwalder: Für sie ist klar, dass nicht nur Luxus- und Souvenirläden geöffnet sein dürften: «In der Tourismuszone sollte man alles kaufen können – für ein kleines und ein grosses Budget, und dass das Angebot nicht nur auf eine internationale Kundschaft ausgerichtet ist.» Zudem dürfe es auch keine überzogene Kompensation für die Sonntagsarbeit geben.
Wir wollen keine Gucci-Taschenverkäufe am Sonntag – die braucht es nicht.
Das sieht Adrian Wüthrich, Präsident des Gewerkschaftsverbands Travail Suisse, ganz anders: «Wir wollen nicht, dass die Verkäuferinnen und Verkäufer auch noch am Sonntag arbeiten müssen.» Die Arbeitsbedingungen des Verkaufspersonals seien ohnehin schon nicht besonders gut. «Wir wollen keine Gucci-Taschenverkäufe am Sonntag – die braucht es nicht.»
Boris Zürcher will optimistisch bleiben. Die Vernehmlassung werde zeigen, was herauskomme. Doch: «Wenn die Kritik so vernichtend ist, ist es wahrscheinlich, dass sich gar nichts ändert. Das wäre sicher schade.»