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Elektronischer Opferstock Twint ist für Kirchen ein Segen

Seit Corona haben viele Leute weniger Bargeld bei sich. Das macht sich auch in den Kirchen bemerkbar.

Immer wieder liest man von einer Kirche, in der Unbekannte die Spendenkasse aufgebrochen und geplündert haben. Neustes Beispiel ist Rorschach im Kanton St. Gallen.

Meist ist der Schaden an der Kasse und der Kirche grösser als die wenigen erbeuteten Franken. Auf die Spendenkassen – oder Opferstöcke – wollen die Kirchen nicht verzichten. Aber sie setzen auch auf digitale Zahlungsmittel. Twint hält Einzug in den Kirchen.

So ziert jetzt bei manchen Kirchen das Körbli beim Ausgang, die unscheinbare Kasse mit Münzschlitz neben den Kerzen, neu ein Aufkleber mit einem QR-Code die Spendenkasse.

Wir haben gemerkt, dass einzelne Besuchende des Gottesdienstes kein Bargeld mehr bei sich haben.
Autor: Markus Graf Kirchgemeindeschreiber der evangelischen Kirche Wil

So auch in der evangelischen Kirche Wil: «Wir haben gemerkt, dass einzelne Besuchende des Gottesdienstes entweder kein Bargeld mehr bei sich haben oder nicht in der entsprechenden Stückelung. Als Zusatzangebot können sie uns diesen Betrag mit Twint direkt überweisen», sagt Markus Graf, Kirchgemeindeschreiber der evangelischen Kirche Wil.

Touristen haben oft kein Twint

Die Idee sei zwar schon vor der Pandemie entstanden. Mit der Übertragung der Gottesdienste per Livestream nach Hause wurde die Frage aber drängender, sagt Vreni Wetter von der katholischen Kirchgemeinde Bütschwil-Ganterschwil.

«Wir mussten uns eine Alternative überlegen, wie die Leute trotzdem etwas Gutes tun können mit ihrem Geld.» Die Bezahlung mit Twint sei ein Zusatzangebot und mache auch noch nicht den grossen Teil der Kirchenspenden aus.

Unsere Besucher aus dem Ausland haben in der Regel kein Twint und können dieses System nicht nutzen.
Autor: Beat Grögli Dompfarrer

In der St. Galler Kathedrale sind es aber bereits acht bis zehn Prozent der Spenden und Kerzen, die so bezahlt werden. Bei 160'000 Kerzen, die jährlich in der Kathedrale angezündet werden, macht das immerhin 13'000 bis 16'000 Franken.

Und vielleicht wäre es sogar mehr, sagt Dompfarrer Beat Grögli: «Für die Kathedrale ist es ein Nachteil, dass Twint ein schweizerisches System ist. Unsere Besucher aus dem Ausland haben in der Regel kein Twint und können dieses System nicht nutzen.»

Spender sind nicht mehr ganz anonym

Ein weiterer möglicher Nachteil von Twint ist, dass die Spende nicht mehr anonym ist. Es liesse sich grundsätzlich sagen, wer wie viel gespendet hat.

Im Fall der Kathedrale St. Gallen kommen diese Daten aber gar nicht von der Bank bis zur Kirche, sagt Dompfarrer Beat Grögli. Sie erhielten nur eine Sammelbuchung. «Wir wissen, an diesem Tag ist dieser Betrag für die Antoniuskasse oder für die Opferkerzen hereingekommen. Ich kann nicht nachverfolgen, wer wie viel gespendet hat.»

Wie viele Kirchen genau die Möglichkeit von Twint anbieten, ist unbekannt – dazu fehlt eine Statistik. Die Pandemie dürfte aber dem digitalen Zahlungsmittel auch in den Kirchen Aufschwung verliehen haben.

SRF 4 News aktuell vom 11.11.2021, 06:10 Uhr

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