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Emotionen treiben Konsum voran Weihnachts-Spots – berührend oder emotionale Manipulation?

Detailhändler greifen für ihre Weihnachts-Spots jedes Jahr tief ins Portemonnaie. Das sorgt für Kritik.

Als Migros 2017 den «Piep»-Ton der Kasse in einem Wichtel verkörpert hat, ging der Wettlauf um den besten Weihnachts-Spot der Schweiz los.

Jedes Jahr werben Detailhändler mit emotionalen Geschichten um die Gunst der Konsumentinnen und Konsumenten, drücken auf die Tränendrüse und plädieren für Nächstenliebe. Die Migros setzt dieses Jahr erneut auf ihren Wichtel und bei Coop verteilt eine Angestellte Komplimente in Form von Notizzetteln.

Frau schaut wegfliegenden Notizzetteln nach und lächelt.
Legende: Coop wirbt im diesjährigen Weihnachts-Spot mit einer Angestellten, die auf Notizzetteln anderen Komplimente macht. Coop Genossenschaft

Vergleicht man die verschiedenen Weihnachts-Spots, fällt generell auf, dass sie überdurchschnittlich lang sind und kein direktes Produkt bewerben.

Ich sage immer: bevor das Portemonnaie aufgeht, sollte das Herz der Menschen aufgehen.
Autor: Frank Bodin Werber

Der emotionale Ansatz gehöre zum Konzept, sagt der renommierte Zürcher Werber Frank Bodin, denn schliesslich sei Werbung dazu da, um zu verkaufen. «Ich sage immer: bevor das Portemonnaie aufgeht, sollte das Herz der Menschen aufgehen.»

Die Vorweihnachtszeit gehört zur umsatzstärksten Zeit des Detailhandels und macht gemäss Bundesamt für Statistik rund 20 Prozent des Jahresumsatzes aus.

Alles begann mit einem roten Truck

Das globale Phänomen Weihnachts-Werbung gibt es seit den frühen 90er-Jahren, als Coca-Cola in einem TV-Spot mit einem roten Truck Weihnachten einläutet. Seither haben sich Technik und Inhalt zwar verändert, doch der Druck auf die Tränendrüse ist geblieben.

Ein roter Coca-Cola Truck fährt auf der Strasse in der Nacht.
Legende: Der rote Coca-Cola Truck fährt anfangs 90er-Jahren erstmals in einer TV-Werbung. Coca-Cola / Admeira

Auch Detailhändler aus Grossbritannien oder Deutschland nehmen dafür viel Geld in die Hand, wie die Beispiele vom Kaufhaus John Lewis oder Edeka zeigen. Die Wichtel-Kampagne der Werbeagentur Wirz habe die Migros gemäss Experten-Schätzungen mehrere Millionen Franken gekostet.

Weihnachten sei eine Zeit, in der man besonders bereit sei, Botschaften zu empfangen und für sich und andere Geld auszugeben, sagt der Geschäftsführer von TBWA, Matthias Kiess. Seine Werbeagentur kreiert seit mehreren Jahren die Spots für Coop.

Zudem könnte die momentane Situation, die von Krisen und Konflikten geprägt sei, die Empfangsbereitschaft für schöne Geschichten erhöhen. Die Detailhändler nutzen dieses Konsumverhalten und gestalten ihre Spots dementsprechend emotional, mit positiven Botschaften.

Kaufrausch durch Emotionen

Mit Emotionen den Konsum vorantreiben – das gefällt nicht allen. Wirtschaftspsychologe Christian Fichter kritisiert die Detailhändler für ihre Weihnachts-Spots.

«Wir bezahlen für eine emotionale Manipulation», sagt er, denn schliesslich werden diese budgetstarken Werbespots indirekt durch den Konsum finanziert. Er bedauert, dass der Detailhandel Weihnachten zu einem Shopping-Event gemacht habe. Die Unternehmen entfernten Weihnachten so von der Tradition und stellten den Konsum in den Vordergrund.

Wir bezahlen für eine emotionale Manipulation.
Autor: Christian Fichter Wirtschaftspsychologe

Die emotionale Welt der Weihnachts-Spots findet man aber nicht überall. Der Onlinehändler Digitec Galaxus provoziert diese Emotionalisierung bewusst und setzt in seinen Geschichten auf die harte Realität.

So bringt ihr Santa in der aktuellen Weihnachts-Werbung keine Geschenke, sondern kauft bei einem einsamen Tankstellenshop-Betreiber Lutschbonbons und Kondome «ohne Feeling».

Ein Mann und Santa Clause stehen sich an einer Theke gegenüber.
Legende: Bei Galaxus macht ihr Santa an einem Tankstellen-Shop seine späten Einkäufe. Galaxus

Auch dieser Spot ziele darauf, den Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen, sagt Wirtschaftspsychologe Fichter. Doch er gesteht ein: «Man lacht wenigstens darüber».

Ob mit oder ohne Emotionen – oder mit Ironie. Fakt ist: Die Detailhändler greifen dafür tief in ihr Portemonnaie und haben dabei wohl nicht primär die Nächstenliebe im Sinn.

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10vor10, 06.12.2023, 21:50 Uhr

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