Die 40-Stunden-Woche gilt als Referenzwert in der Schweizer Wirtschaft. Doch nun zeigt sich ein Trend zu längeren Arbeitszeiten. Das hat der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) festgestellt. Im Durchschnitt arbeiten Vollzeiterwerbstätige heute fast eine halbe Woche länger pro Jahr als noch vor fünf Jahren – genauer gesagt: neunzehneinhalb Stunden länger.
«Der Druck auf die Arbeitnehmenden ist vor allem in den letzten Jahren gestiegen», sagt SGB-Chefökonom Daniel Lampart. Das liege einerseits an der Frankenüberbewertung. «Aber auch Sparmassnahmen seitens der öffentlichen Hand haben dazu geführt, dass die Wochenarbeitszeiten erhöht wurden.»
Aktuelle Situation gemäss SGB untypisch
Als Beispiel nennt Lampart den Kanton Luzern, wo die Arbeitszeit von bereits hohen 42 Stunden pro Woche auf 43 Stunden und 15 Minuten erhöht wurde. «Wir stellen fest, dass man in den Führungsetagen der Ansicht ist, dass die Arbeitnehmenden offenbar einen höheren Beitrag zur Profitabilität einer Firma leisten müssen.»
Erstmals befände man sich in einer Situation, in der es der Wirtschaft besser gehe, die Arbeitszeiten aber dennoch stiegen, so Lampart. «Historisch gesehen war es immer so: Wenn es der Wirtschaft besser geht, erhalten die Leute mehr Lohn und die Arbeitszeiten werden verkürzt.»
Einzelne Arbeitgeber – auch Dachverbände wie der Gewerbeverband – fantasieren bereits davon, die 50-Stunden-Woche wieder einzuführen.
Für den SGB bleibe die 40-Stunden-Woche «ganz klar» der Referenzwert. «Wir sehen aber mit grosser Sorge, dass in gewissen Firmen, aber auch Kantonen, die Arbeitszeiten erhöht wurden», sagt der Gewerkschaftsökonom. Und einzelne Arbeitgeber – auch Dachverbände wie der Gewerbeverband – würden bereits davon fantasieren, die 50-Stunden-Woche wieder einzuführen, kritisiert er.
Laut Arbeitgeberverband fehlt Vereinbarung
Bei den Arbeitgebern sieht man das freilich anders. Daniella Lützelschwab vom Arbeitgeberverband sagt: «Davon auszugehen, dass die ganze Schweizer Wirtschaft nur 40 Stunden pro Woche als übliche Arbeitszeit vereinbart hätte, ist unser Erachtens nicht richtig.»
Es gebe Branchen, in denen 40 Stunden pro Woche gearbeitet werde, und dort werde dies wohl weiterhin Bestand haben. «Aber auch bei jenen Branchen, wo man bisher 42 Stunden gearbeitet hat, gehen wir davon aus, dass auch diese durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit weitergeführt wird», sagt Arbeitgebervertreterin Lützelschwab.