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Euro legt an Stärke zu Die Krise ist vorbei – und wo bleibt das verlorene Know-how?

Schweizer Exportfirmen erhalten für ihre Produkte wieder mehr Geld. Kann die Industrie aufatmen? Ein Besuch bei der Firma Birchmeier im Aargau.

Es kann sein, dass Finanzchefs von Firmen der Schweizer Exportindustrie gegenwärtig etwas weniger besorgt dreinblicken. Der Grund: Für ihre Maschinen, Werkzeuge oder Metallwaren erhalten die Exportfirmen wieder mehr Geld. Der Euro ist in den vergangenen Monaten stärker geworden – der Kurs ist von etwa 1.08 auf knapp 1.15 Franken gestiegen.

Auch das Sprühgeräte-Unternehmen Birchmeier in Stetten (AG) profitiert von den neuen Kursentwicklungen. Es produziert beispielsweise jene Sprühgeräte, welche die Winzer auf ihrem Rücken tragen, wenn sie ihre Reben mit Pflanzenschutzmitteln behandeln. Oder sie entwickelte jenes Handsprühgerät, das auch funktioniert, wenn es auf dem Kopf steht.

Trotz Euro-Stärke noch nicht durch die Krise

Mehr als 70 Prozent der Birchmeier-Geräte gehen in den Euro-Raum. Die Firma war also vom starken Schweizer Franken sehr betroffen. Seit es aber für einen Euro nicht mehr nur 1.05, sondern etwa 1.15 Franken gibt, kann Jürg Zwahlen, Mehrheitsaktionär der Birchmeier, wieder ein wenig aufatmen – richtig Luft, habe er aber noch immer keine.

Zwahlen erinnert daran, welche Kursänderungen in knapp zehn Jahren vorausgingen: «Wir dürfen nicht vergessen, dass wir von einem Wechselkurs von 1.60 oder 1.68 herunter gekommen sind. Da ist 1.15 schön, denn das ist besser als 1.05. Aber es reicht bei Weitem nicht.»

Um über die Runden zu kommen, hätten seine Mitarbeitenden – wie in vielen anderen Betrieben auch – phasenweise bei gleichem Lohn länger arbeiten müssen. Auch ihre Schweizer Zulieferer seien genötigt gewesen, ihre Preise zu senken, so Zwahlen. Insgesamt sei die Birchmeier noch glimpflich davon gekommen. Was den Firmenchef aber umtreibt, ist die Situation des Industriestandortes Schweiz.

«Wir verlieren das Know-how»

So stehe es schlimm um manchen seiner Schweizer Zulieferer. Gewisse Teile für seine Sprühgeräte finde er seit der letzten Krise nicht mehr in der Schweiz.

Von der Ökonomensicht, die besagt, das sei nun mal der normale Gang der Wirtschaft – nicht überlebensfähige Firmen verschwänden, um neuem Platz zu machen – von dieser Sicht hält Jürg Zwahlen nicht viel: «Ein Baum hat eine, Krone, einen Stamm und im Boden unsichtbar Wurzeln. Die Produkte entstehen unter dem Boden. Wir verlieren bei dieser Verlagerung das Know-how der Zuliefernetzwerke mit ihrem feinästlichen Wurzelwerk. Das wird dann immer dünner. Und ein Baum ohne Wurzeln hat gezählte Tage.»

Er stelle entgegen anderslautender Behauptungen fest, dass die industrielle Forschung nicht einfach in der Schweiz bleibe. Ein Teil davon folge immer der Produktion, also auch dann, wenn diese ins Ausland verlagert werde. Das sei immer mit einem Verlust an Wissen hierzulande verbunden. Ein Wissen, das kaum mehr zurückkehre, sagt Zwahlen.

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