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Fall Dieter Behring Den Behring-Geschädigten bleibt noch weniger als erhofft

Von den 800 veruntreuten Millionen sind nur knapp 13 Millionen aufgetaucht. Vorzeitig verteilt wird zudem auch nichts. Die Geschädigten müssen weiter warten – fast zwei Jahrzehnte nach dem Absturz des Finanzjongleurs.

Es ist das letzte lange Kapitel einer fast unendlichen Geschichte: 18 Jahre ist es her, seit Finanzjongleur Dieter Behring mit seinem Schneeballsystem aufflog. 800 Millionen Franken hatte der Basler veruntreut und 1700 Personen geschädigt. 2018 rechtskräftig verurteilt, verstarb er ein Jahr später vor Haftantritt.

Die Korrespondenz zwischen Bundesanwaltschaft (BA) und Bundesstrafgericht in der Causa Behring ist ernüchternd: Erstere listet in einem Brief, der Radio SRF vorliegt, auf, wie schwierig es ist, die sichergestellten Vermögenswerte zu Geld zu machen.

12.7 Millionen Franken bisher gefunden

Die meisten sichergestellten Aktien stellen sich jetzt nämlich als wertlos heraus, die Einziehung von Vermögenswerten im Ausland scheitert daran, dass Behörden die Fragen der BA nicht oder abschlägig beantworten. Fazit: Nur gerade 12.7 Millionen Franken sind bis heute da, die verteilt werden können. Ursprünglich ging man von immerhin 70 Millionen aus.

Doch verwerten konnte die Bundesanwaltschaft nur gerade inländische Konten, Behrings Liegenschaft in Basel, einige Gemälde, Schmuck, eine Fotokamera und eine Uhr. Die 12.7 Millionen Franken stehen also 1700 Geschädigte gegenüber, die im Behring-System Geld verloren – im Glauben an unrealistische Renditen von 14 bis 16 Prozent.

Dieter Behring.
Legende: Dieter Behring (rechts) und eine unbekannte Person am 30. März 2017 beim Betreten des Bundesstrafgerichts in Bellinzona. Keystone/Archiv

Wegen der langen Verfahrensdauer und dem Ableben vieler Geschädigter wollte die BA das Bundesstrafgericht dazu bewegen, die 12.7 Millionen Franken in einem ersten Schritt jetzt zu verteilen und nicht darauf zu warten, bis der letzte Franken herausgerückt ist.

Nein zu vorzeitiger Teilung

Doch davon will das Bundesstrafgericht nichts wissen: Der Aufwand für die anteilsmässige Verteilung sei wegen der Dimension des Falls bereits ausserordentlich gross, eine vorzeitige erste Teilung würde den Aufwand laut Gericht «unverhältnismässig» vergrössern.

Die Behring-Geschädigten sind enttäuscht. «Die Warterei löst in mir Bitterkeit und Verzweiflung aus», sagt etwa der ehemalige Pharmachemiker Nikolaus Danzig, der 1.8 Millionen Franken verloren hat. Er wünsche sich eine schnelle Verteilung – auch wenn er nur Brosamen erhalte.

Rechtsanwalt Lucius Blattner, der viele Behring-Geschädigte vertreten hat, versteht deren Verbitterung und Frustration. Zugleich sei Verständnis für die wirklich ausgelastete Behörde angezeigt, die den zweifachen Aufwand scheue, betont er und verweist auf die vielen schwer erreichbaren Geschädigten im Ausland.

Hohe Forderungen im Nachlassverfahren

Während das Strafverfahren längst abgeschlossen ist, hat im Kanton Aargau jüngst noch die konkursamtliche Nachlassliquidation begonnen. Melden dürfen sich alle, denen Behring Geld geschuldet hat. Also auch jene, die, wie Danzig, ihre Forderungen bereits im Strafverfahren deponierten.

Das machen viele, hoffen sie doch auf etwas mehr als die mageren 12.7 Millionen im Strafverfahren. Bisher hätten sich 736 Gläubiger gemeldet – mit hohen Forderungen, erklärt Rechtsanwältin Melanie Gasser von Transliq, die sich um den Behring-Konkurs kümmert: «Die Totalforderungssumme beträgt aktuell rund 790 Millionen Franken.»

Nadel im Heuhaufen

Nur: Woher nehmen? Der grösste Teil des zumindest bekannten Behring-Vermögens sei im Strafverfahren eingezogen worden, sagt Gasser. Man mache sich nun selber auf die Suche nach weiteren versteckten Vermögenswerten wie etwa ausländische Konten.

Die Hoffnung sterbe zuletzt: «Es wäre schön, wenn noch etwas auftauchen würde, aber es zu finden, das ist wie die Nadel im Heuhaufen.»

Echo der Zeit, 14.01.2022, 18:00 Uhr

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