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Falsche Konkurse Fahnder jagen «Firmenbestatter»

Kriminelle fahren bewusst Firmen an die Wand und bereichern sich an der Konkurs-Verschleppung. Es geht um Milliarden.

Das Wichtigste in Kürze:

  • So genannte Firmenbestatter übernehmen Firmen, die überschuldet sind.
  • In deren Namen kaufen sie Waren, die sie nicht bezahlen.
  • Das Schweizer Konkursrecht schützt Betroffene nur ungenügend.
  • Eine Motion fordert nun eine Verschärfung des Konkursrechts.

Als Fahnder der Kantonspolizei Zürich vor drei Jahren in einem Betäubungsmittel-Delikt ermittelten, stiessen sie auf ein kriminelles Netzwerk. Es betrieb professionellen Konkurs-Missbrauch.

Das System funktioniert immer gleich: Überschuldete Firmen werden über einen Vermittler an einen neuen Gesellschafter überschrieben. Dieser sogenannte Firmenbestatter zögert den Konkurs hinaus und kauft im Namen der Firma Waren ein, die er nie bezahlt.

Um dieses Phänomen zu bekämpfen, gründete die Kantonspolizei Zürich eine Sonderkommission, bestehend aus Spezialisten im Bereich Wirtschaftskriminalität. «Der volkswirtschaftliche Schaden geht in die Milliardenhöhe», so Andrea Höhener, Chefin Ermittlungsabteilung Wirtschaftskriminalität. «Das Phänomen betrifft die ganze Schweiz.»

Daher investieren sie neben der eigentlichen Ermittlungsarbeit auch viel in die Zusammenarbeit mit Behörden in anderen Kantonen.

Mehrjährige Haftstrafen

Die Dimensionen der Fälle sind teilweise riesig: «Wir hatten einen Bestatter, der über 170 Gesellschaften übernommen und in den Konkurs geritten hatte», so Andrea Höhener. Dieser wurde später zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Hauptstrafbestand in solchen Fällen ist Misswirtschaft, mit einem möglichen Strafmass von fünf Jahren.

Frau mit schwarzem Jackett und Perlenkette im Interview.
Legende: «Das Phänomen betrifft die ganze Schweiz», sagt Andrea Höhener. SRF

Nicht jeder Konkursmissbrauch erreicht solche Dimensionen. Ärgerlich sind sie in jedem Fall. Diese Erfahrung musste auch Volker Geywitz machen. «Wir hatten im letzten Jahr den Fall, dass ein Kunde von uns, ein Bestandskunde der schon länger bei uns bestellt hatte, weitere Lieferung bekommen hatte. Und plötzlich sind die Zahlungen ausgeblieben.» Volker Geywitz, Geschäftsführer von Krannich Solar Schweiz, einem Grosshändler für Solaranlagen, fand heraus: sein Kunde hatte Konkurs angemeldet.

«Was mich ärgert: Wenige Tage später wurde eine neue Firma gegründet, an der gleichen Adresse, mit fast identischem Geschäftszweck. Und der Name der Gesellschafterin der neuen Firma war derselbe Name wie bei der alten Firma.» Für Gewyitz liegt der Schluss nahe, dass dieser Konkurs bewusst durchgeführt wurde. Und dass die neue Firma vermutlich auf den Namen der Frau neu gegründet wurde. Die offene Rechnung über 35'000 Franken muss er abschreiben.

Verschärfung des Konkursrechts gefordert

Solche Vorfälle sind keine Seltenheit. Das Schweizer Konkursrecht schützt Betroffene diesbezüglich nur ungenügend. Anwalt und SVP-Nationalrat Manfred Bühler kennt dies aus seinem Arbeitsalltag: «Wenn man missbräuchliche Absichten hat und wenn man die Spielregeln ein bisschen kennt, ist es relativ einfach, einen missbräuchlichen Konkurs, sage ich mal, genug zu vertuschen, dass man nicht gerade allenfalls strafrechtliche Handlungen sieht».

Bühler hat eine Motion mitunterzeichnet, welche eine Verschärfung des Konkursrechts fordert: Wenn jemand eine neue Firma gründen will, sollen Handelsregister-Beamte künftig schweizweit kontrollieren können, ob die Person in den letzten Monaten einen Firmenkonkurs angemeldet hat.

«Wenn das der Fall wäre, hätte das Handelsregisteramt das Recht, eine solche Eintragung zu verweigern, quasi als Hürde», so Bühler. «Jemandem, der wirklich missbräuchlich am 15. Januar Konkurs geht und am 17. neu anfangen will, um weiterhin Leute über den Tisch zu ziehen, dieser Person könnte man dann sagen: «Stopp. Jetzt darfst du ein Jahr lang keine Firma gründen.»

Video
Konkursmissbrauch: Schaden in Milliardenhöhe
Aus ECO vom 22.01.2018.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 38 Sekunden.
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