- Die Angestellten der italienischen Fluggesellschaft Alitalia haben gegen einen Sanierungsplan gestimmt, der die Streichung von 980 Vollzeitstellen und eine Lohnkürzung von 8 Prozent beinhaltet.
- Die italienische Fluggesellschaft leitet das Insolvenzverfahren ein
- Das könnte das Ende der Fluggesellschaft bedeuten: Jetzt kann nur noch Rom helfen.
- Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.
Bedeutet das Nein der Angestellten das Ende der Alitalia?
Um den Flugbetrieb in den nächsten Monaten aufrechtzuerhalten braucht Alitalia rund eine Milliarde Euro. Die Eigentümer, Etihad Airways und italienische Banken, haben weitere Investitionen aber an die Zustimmung der Belegschaft zum Sanierungsplan geknüpft. Am Dienstag wird deshalb der Aufsichtsrat zusammentreten müssen, um das Insolvenzverfahren einzuleiten.
Wusste die Belegschaft, was ihre Entscheidung bedeutet?
Ja, die Warnung war eindeutig: Wenn ihr den Rettungsplan ablehnt, bedeutet das das Aus für die Fluggesellschaft.
Wieso hat sich die Belegschaft trotzdem gegen den Rettungsplan entschieden?
Die Ablehnung ist eine Kampfansage an die eigene Gewerkschaft. Diese hat das Sparprogramm Mitte April gemeinsam mit der Fluggesellschaft beschlossen. Die Arbeitnehmer geben ihr eine Mitschuld an der Situation.
Den geplante Jobabbau von 980 Vollzeitstellen und die Lohnkürzung um acht Prozent lehnen die Arbeitnehmer mit dem Argument ab, dass liebe alle ihre Stelle verlieren, als dass eine Minderheit geopfert wird.
Zudem sehen die Arbeitnehmer den Plan, ins Langstreckengeschäft umzusteigen, als Fehler an. Als europäische Touristendestination dürfe Italien das Kurz- und Mittelstreckengeschäft nicht verlieren.
Glauben die Angestellten noch an eine Notlösung?
Linke Gewerschaftsgruppen wollen die Regierung unter Druck setzen und fordern die Wiederverstaatlichung von Alitalia. Italiens Infrastrukturminister Graziano Delrio hat aber schon gesagt, das ginge aus finanziellen Gründen nicht. Zudem würde die EU so einen Schritt nicht erlauben.
Ist ein anderer Retter in Sicht?
In italienischen Medien kursiert das Gerücht, die deutsche Lufthansa wolle Alitalia nach einem erfolgreichen Sparkurs übernehmen. Das ist aber nicht wahrscheinlich: Die Lufthansa wird sich davor hüten, Geld in das Fass ohne Boden Alitalia zu pumpen. Schon vor Jahren hat die deutsche Airline schlechte Erfahrungen mit einer Tochter in Italien gemacht.
Warum ist die Sanierung der Alitalia nie gelungen?
Die Airline schreibt seit vielen Jahren Verluste. Eine neue Sanierung wäre die dritte seit 2008. Als ehemalige nationale Fluglinie hat Alitalia die italienischen Steuerzahler schon 7.4 Milliarden Euro gekostet, als Private macht sie jetzt wieder die hohle Hand. Mitschuld am Niedergang der Airline trägt eine Klientelpolitik im Management, die zu wenig auf Gewinn und Ertrag ausgerichtet war und sich auf seiner Marktposition ausgeruht hat. Die Chance genutzt haben andere wie etwa der Billigflieger Ryanair, der in Italien Marktführer ist.
Was bedeutet der Verlust der nationalen Fluggesellschaft für Italien?
Das Land wird in absehbarer Zeit keine nationale Fluglinie mehr haben. Für die nächsten Monate wird Alitalia kommissarisch und mit dem Mandat geleitet, bei bestehender Belegschaft einen neuen Käufer zu finden. Das wird fast unmöglich sein, ein Grounding wie bei der Swissair ist nicht ausgeschlossen. Es gibt aber auch Beispiele, die zeigen, dass aus einem Konkurs auch eine neue Fluggesellschaft entstehen kann.
Die grössten Airline-Pleiten
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Bild 1 von 12Legende: Die goldenen Zeiten liegen Jahrzehnte zurück: Fast jede grosse Airline ging in ihrer Geschichte einmal konkurs. Aufgekauft und in verkleinerter Form flogen aber viele weiter. Vor vierzig Jahren: Der Pan Am, im Bild eine Boeing 747, ging es damals noch gut. Zwei Jahrzehnte später war die Airline am Ende. Sie wurde 1991 von der Delta übernommen. Keystone
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Bild 2 von 12Legende: Der Anfang vom Ende: Das Lockerbie-Attentat war nicht zuletzt auch ein Grund für den Konkurs. Terroristen brachten 1988 eine Pan Am-Maschine zum Absturz. Alle 259 Insassen kamen ums Leben. Die Passagierzahlen nahmen danach Jahr für Jahr ab, bis die Pan Am 1991 ihren Betrieb einstellte. Keystone
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Bild 3 von 12Legende: Die ehemaligen Partner Swissair und Sabena. Die Swissair kaufte 1995 die Hälfte der belgischen Sabena. Dies obschon lange bekannt war, dass die Sabena hoch verschuldet ist. Die Beteiligungen der Swissair an diversen kleinen und unrentablen Fluggesellschaften waren mitverantwortlich für das Grounding im Jahr 2001. Keystone
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Bild 4 von 12Legende: Zerlegt: Die SAirGroup mit ihrem Flagschifff Swissair. Der Name ist Geschichte, die Airline fliegt weiter und wird schliesslich an die Lufthansa verkauft. SRF
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Bild 5 von 12Legende: Ein Teil der Swissair-Flotte während des Groundings. Die Swissair war die erste nationale Airline in Europa, die ihren Fluigbetrieb einstellen musste. Mit einem 450 Millionen Franken Notkredit des Bundes konnte der Flugbetrieb nach und nach wieder aufgenommen werden. Viel kleiner und effizienter fliegt heute die Swiss als Teil der Lufthansa. Keystone
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Bild 6 von 12Legende: Wie die Swissair ging auch die Sabena 2001 bankrott. Den Flugbetrieb übernahm dann die Brussels Airlines. Viele Angestellte verloren dennoch ihre Stelle und kämpften kurz nach dem Sabena-Konkurs für einen besseren Sozialplan. Reuters
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Bild 7 von 12Legende: Für die ungarische Malev war 2012 Schluss. Die Airline war schon lange defizitär, bekam vom ungarischen Staat aber immer wieder Geld. In der EU sind Subventionen für Fluggesellschaften aber verboten. So entschied die EU-Kommission, dass Ungarn all diese Gelder zurückzahlen muss. Sie drehte damit den Geldhahn zu und Malev ging Konkurs. Reuters
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Bild 8 von 12Legende: Die Schalter sind leer. Nach dem Konkurs der Malev ging auf dem Flughafen von Budapest nicht mehr viel. Alle Malev-Passagiere blieben am Boden. Reuters
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Bild 9 von 12Legende: Die American Airlines rettete die Trans World Airlines (TWA). Sie übernahm 2001 das Fluggeschäft der TWA. Die American Airlines musste 2011 Insolvenz anmelden. Konnte aber - dank Chapter 11 - den Flugbetrieb weiterführen. In diesem Jahr wollte die American Airlines mit der US Airways fusionieren. Wegen einer Klage ist die Fusion zur Zeit blockiert. Reuters
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Bild 10 von 12Legende: Die Delta hatte 2005 einen Schuldenberg von 20 Milliarden US-Dollar. Sie meldete Insolvenz an, konnte aber weiterfliegen – dank Chapter 11. Einem Gesetz, das es Firmen erlaubt ihre Geschäfte trotz Insolvenz zu tätigen. Delta und die ebenfalls angeschlagene Northwest Airlines (NWA) fusionierten 2008 zur grössten Fluggesellschaft der Welt. Keystone
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Bild 11 von 12Legende: Im November 2008 wurde der Flugbetrieb der drittgrössten russischen Airline KrasAir per Gerichtsbeschluss eingestellt. Im Juli 2009 war die Fluggesellschaft endgültig am Ende. Reuters / Archiv
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Bild 12 von 12Legende: Die Schweizer Chartergesellschaft Hello mit Sitz in Basel musste ihren Betrieb im Oktober 2012 einstellen – wenig später meldete die Airline von Moritz Suter Konkurs an. Keystone