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Folgen des Klimawandels «Frequenz und Intensität von Extremereignissen nehmen zu»

Nach dem Hochwasser in der Schweiz, Flutkatastrophe in mehreren Teilen Deutschlands und Chinas werden weltweit die Rufe nach einer besseren Anpassung an den Klimawandel lauter. Nicht nur Wissenschaftler, Umweltverbände und Klima-Aktivisten warnen vor Extremwetter-Ereignissen, die bei zunehmender Erderwärmung häufiger auftreten könnten, sondern auch die Versicherungsbranche. David Bresch, Professor für Wetter- und Klimarisiken an der ETH Zürich, zu den Auswirkungen auf die Versicherungsbranche.

David Bresch

Professor für Wetter- und Klimarisiken, ETH Zürich

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David Bresch ist seit 2016 Professor für Wetter- und Klimarisiken an der ETH Zürich. Zuvor arbeitete Bresch in einer Kaderposition beim Rückversicherer Swiss Re.

SRF News: David Bresch, wir haben viele heftige Ereignisse gesehen in den letzten Tagen und Wochen, wie ordnen Sie das ein?

David Bresch: Es gab in der Tat eine Häufung von extremen Ereignissen. Eine Häufung, die es auch historisch ab und zu gegeben hat. Wir verändern das Klimasystem. Damit nehmen Extreme in der Häufigkeit und in der Intensität zu. Das hat grössere Auswirkungen und führt zu grösseren Schäden und zu grösseren finanziellen Konsequenzen.

Es gibt Stimmen, die sagen, durch den Klimawandel werde alles extremer. Wie sehen Sie das?

Frequenz und Intensität von Extremereignissen nehmen zu, das ist so. Aber wie stark, das liegt natürlich in unserer Hand. Wenn wir unsere Emissionen jetzt drastisch senken und Netto Null im Jahr 2050 anpeilen, dann glaube ich, dass wir damit umgehen können. Wenn wir das nicht schaffen, wird es in der Tat sehr schwierig.

Drei, vier trockene Sommer hintereinander, und dann kann schon mehr Feuer entstehen, als man sich je hätte vorstellen können.

Die Welt wird heisser, das macht sich auch in der Schweiz bemerkbar. Kommen jetzt neue Gefahren hinzu, beispielsweise Waldbrände?

Das muss man im Auge behalten. Vor allem, wenn Waldbrände kritische Infrastrukturen bedrohen, wie das Strom- oder das Telekommunikationsnetz. Drei, vier trockene Sommer hintereinander, und dann kann schon mehr Feuer entstehen, als man sich je hätte vorstellen können.

Es gibt bei solchen Ereignissen einerseits die menschlichen Tragödien, andererseits die finanziellen Schäden. Ist die Versicherungsbranche darauf vorbereitet?

Wir sind in der Schweiz in der glücklichen Lage, dass hierzulande die doppelte Solidarität gelebt wird. Es gibt eine Solidarität unter den Versicherten. Wir bezahlen in vielen Kantonen eine Einheitsprämie und decken alle Naturgefahren bis auf Erdbeben ab.

Man kann auch Prämien senken, wenn man mehr Prävention betreibt.

Auf der anderen Seite gibt es die Solidarität unter den Versicherern, wir gleichen das aus. Da sind wir in der glücklichen Lage, das Schadensmass abdecken zu können. Das muss aber nicht heissen, dass die Prämien ansteigen. Man kann auch Prämien senken, wenn man mehr Prävention betreibt.

Dennoch sieht man häufig einen Anstieg der Prämien. Profitiert die Versicherungsbranche auch ein wenig von solchen Ereignissen? Weil sie dann eben einen Grund hat, die Prämien zu erhöhen?

Die Versicherungsbranche hat ein Interesse, langfristig Schäden decken zu können. Das ist ihre «Raison d'Être». Vor allem Rückversicherungen versuchen deshalb, die Schäden global zu diversifizieren. Sie überlegen, ob sie nicht mehr Teilnehmer in das System einbinden können. Das ist viel der effektivere Weg, die Prämien im Griff zu behalten, als wenn man die, die schon versichert sind, dazu anhält, mehr zu bezahlen. Ich glaube, das ist ein Wechselspiel, dass sich austarieren muss. Es führt dazu, dass diese Branche durchaus eine wichtige volkswirtschaftliche Rolle spielt. Ich glaube, sie ist sich dieser Rolle auch bewusst.

Das Gespräch führte Andi Lüscher.

10 vor 10, 21.07.2021, 21:50 Uhr ; 

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