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Fotobranche im Wandel Der stille Tod der Kompaktkamera

Gegen das allgegenwärtige Smartphone hat der Fotofachhandel einen schweren Stand. Nur wenige verkraften den Umbruch.

Eine halbe Stunde nach Ladenöffnung hat es erst wenige Kundinnen und Kunden in der Filiale von Foto Video Zumstein in Bern. Die Angestellten unterhalten sich miteinander, auch über den Konkurs des Konkurrenten Foto Pro. Mario Wüest, einer von drei Zumstein-Geschäftsleitern, gibt sich aber zuversichtlich: «Selber sind wir gut unterwegs und sehen auch immer noch viele Chancen für die Zukunft.»

Der Trend und die Ausnahme

Foto Video Zumstein beschäftigt rund 50 Angestellte an vier Standorten. Das Unternehmen ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen, aus eigener Kraft und durch den Zusammenschluss zweier Anbieter. Diese Entwicklung ist gegen den Trend in der Branche. Denn der zeigt seit Jahren abwärts.

Mitschuld daran ist das Handy. Es habe die Kompaktkameras verdrängt, sagt Dieter Erhardt, Verwaltungsratspräsident der Foto-Pro-Gruppe, die nun konkurs ist. «Die Leute fotografieren heute nicht mehr mit den einfachen Kameras.»

Frankenschock verstärkte die Krise

So brach seinem Geschäft eine lukrative Einnahmequelle weg. Jahr für Jahr sanken die Umsätze deshalb um 10 bis 15 Prozent. Und dann kam im Januar 2015 der ganz grosse Schock, als die Nationalbank den Euro-Mindestkurs aufgab.

«Das führte dazu, dass wir von einem Tag auf den andern unsere Produkte um 15 Prozent günstiger verkaufen mussten, damit wir mit dem Ausland in irgendeiner Art und Weise konkurrenzfähig sind», erinnert sich Erhardt. Das war schwer zu verkraften. Und die Hersteller und Lieferanten liessen sich Zeit, bis sie ihre Preise ebenfalls anpassten.

Drückende Mieten und hohe Personalkosten

Aber nicht nur die Online-Shops von grossen Elektronik-Anbietern machen den Fachgeschäften das Leben schwer. Es sind auch die Hersteller, die direkt über ihre eigenen Internetportale verkaufen.

Die Einnahmen sanken, die Ausgaben für das Personal und die Mieten blieben sich gleich. Vor allem die Mieten stünden in keinem Verhältnis zur Ertragslage seiner Läden, sagt Erhardt. Foto Pro versuchte, tiefere Mieten auszuhandeln, doch die Vermieter wollten nicht. Deswegen sei es auch nicht gelungen, einen Geldgeber oder einen Käufer für die Gruppe zu finden. Nun wird ein Laden nach dem anderen geschlossen.

Bedeutend: Online-Occasionen

Anders ist dies bei Foto Vision Zumstein. Klar, das Umfeld sei anspruchsvoll, sagt Geschäftsleiter Wüest. Die Internet-Konkurrenz sei hart und habe die Preise unter Druck gebracht. Aber das Internet biete auch Chancen für neue Geschäfte: «Wir sind dank dem Internet zum grössten Online-Occasionshändler geworden. Das ist für uns ein wichtiger Punkt.»

Das Handy als «Einstiegsdroge»

Auch die Handygeneration gibt Wüest nicht verloren. Ein grosser Teil des Marktes sei durch die Handys weggebrochen, das sei aber auch für die grossen Ketten ein Problem. «Doch das Handy ist die ideale Einstiegsdroge. Wenn man sich die Bilder der Top-Fotografen auf Instagram ansieht, sind diese mit hochwertigen Spiegelreflexkameras oder Systemkameras fotografiert. Das regt die jungen Leute an.»

Kurse und Mietangebot als wichtige Pfeiler

So wird übers Handy ein neues Kundensegment direkt angesprochen. Allein mit dem Verkauf von Kameras und Zubehör kann aber auch Foto Vision Zumstein nicht überleben. Das Unternehmen hat deshalb das Dienstleistungs-Geschäft massiv ausgebaut.

Dazu gehören Foto-Kurse wie auch die Vermietung von Profi-Equipment: Vom Objektiv für eine Safari bis zur kompletten Ausstattung für einen Spielfilmdreh kann man alles mieten. Das setzt voraus, dass ausreichend Geld vorhanden ist, um in die Zukunft investieren zu können. Nicht alle Anbieter können das bewältigen.

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