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Fühlen, tasten, wischen Ein Gadget, sie alle zu finden und ewig zu binden

Vor zehn Jahren wurde das erste iPhone präsentiert. Seither ist viel passiert – auch mit uns.

  • Vor exakt 10 Jahren präsentierte Apple-Mastermind Steve Jobs († 2011) die erste Generation des iPhones .
  • Die Konkurrenz belächelte das Gadget anfangs: zu teuer und am Markt vorbeientwickelt, befand etwa Microsoft-CEO Steve Ballmer.
  • SRF-Digitalredaktor Guido Berger erklärt den Erfolg des Kult-Gadgets: Apple fusionierte bestehende Technik zu einem revolutionären All-in-One-Gerät .

Am 9. Januar 2007 zog Steve Jobs auf der Macworld Conference & Expo in San Francisco ein kleines, rechteckiges Gerät aus der Hosentasche. Dann strich der Daniel Düsentrieb des digitalen Zeitalters mit dem Zeigefinger über die matte Oberfläche des Gadgets – und veränderte, wie Apple-Jünger bis heute überzeugt sind, die Welt.

«Auch meine Kollegen und ich waren uns einig: Das ist etwas Grosses», sagt Guido Berger, IT-Redaktor bei SRF. Beeindruckend war für Berger vorab, was das iPhone nicht war: Es war kein Telefon. Es war viel mehr: «Es war ein kleiner Computer für die Hosentasche.»

Vor dem iPhone war alles ein bisschen kompliziert.
Autor: Guido Berger Digitalredaktor bei SRF

Die Konkurrenz reagierte zurückhaltender, zumal das iPhone nicht das erste Smartphone auf dem Markt war. «Wir haben überhaupt keine Angst», gab der Firmensprecher von Nokia am Tag nach der Enthüllung in einem Interview mit dem «Spiegel» zu Protokoll.

Nokia Communicator 9000
Legende: In den 1990ern der letzte Schrei, heute ein Fall fürs Museum: Der Nokia Communicator 9000. Nokia

Die gelassene Reaktion hatte Gründe. Schon 1996 hatte der finnische Mobilfunkriese einen Computer für die (grosse) Hosentasche auf den Markt gebracht: ein aufklappbares Mobiltelefon, den «Nokia Communicator 9000». Ein schweres und unhandliches Gerät.

Das intelligente Telefon war also bereits etabliert, allerdings vorderhand unter Geschäftsleuten, die auch unterwegs vernetzt bleiben wollten. Das «Problem» der Smartphones der ersten Generation umriss Steve Jobs in einfachen Worten: «Sie sind gar nicht so smart und sie sind schwer zu bedienen.»

Barrierefrei ins Web

Das sollte sich mit dem iPhone ändern: Fühlte sich das Wischen über den leuchtenden Screen anfangs noch fremdartig an, ist es heute quasi zu einer zweiten Natur von Milliarden Menschen geworden. Mittlerweile ist das Smartphone der verlängerte Arm der «Digital Natives».

«Das iPhone hat die Eintrittsschwelle in das allgegenwärtige Internet deutlich gesenkt», sagt denn auch Guido Berger. Denn zuvor war das World Wide Web für die meisten Menschen eine sperrige Angelegenheit – zumindest ausserhalb der eigenen vier Wände.

Obama wird von Menschen mit Smartphone gefilmt.
Legende: Internet, jederzeit, überall: Mit dem iPhone konnte jeder Moment in Echtzeit eingefangen und verbreitet werden. Reuters

«Internet gab es am Anfang an nur einem bestimmten Ort. Dann kamen die ersten Versuche von Smartphones, aber es blieb kompliziert, überall Internet zu haben.» Kommt hinzu: Die Bedienbarkeit der Geräte wurde durch den Touchscreen deutlich vereinfacht: «Maus und Tastatur als ‹Mediator› fielen weg, man konnte direkt drücken und tippen.»

Eine zweite Revolution spielte sich, wie der SRF-Digitalredaktor ausführt, quasi auf einer metaphorischen Ebene ab: «In einer App fand sich künftig ein bestimmter Inhalt, eine bestimmte Funktion – eine ganz einfache Metapher. Die App ist quadratisch, genau so gross wie meine Fingerkuppe.»

Das wird ein Flop.
Autor: Steve Ballmer CEO von Microsoft
MS-CEO Ballmer bei einer Präsentation.
Legende: Um klare Worte war Microsoft-CEO Ballmer nie verlegen. Hier lag er falsch. Keystone/ARCHIV

Das alles war intuitiv und weitgehend selbsterklärend, so Berger, und deswegen auch so erfolgreich: «Der Nutzer musste keine komplizierten Konzepte erlernen. Das iPhone senkte die Schwelle, die damals schon grossen Möglichkeiten des Internets zu nutzen.»

Mit der «Barrierefreiheit» veränderte sich auch die Kundschaft – von Geschäftsleuten und IT-Spezialisten gelangte das Smartphone in den Massenmarkt. Heute ist es zum ständigen Begleiter neben Schlüsselbund und Portemonnaie geworden. Die ausgebeulte Hosentasche scheint niemanden mehr zu stören.

Eines für alles

Doch nicht nur Modebewusste blieben anfangs skeptisch. Apples ewiger Widersacher Microsoft reagierte gar belustigt auf das neueste Gadget: «500 Dollar und dazu noch ein Vertrag – das ist das teuerste Telefon der Welt! Geschäftsleute spricht es trotzdem nicht an, weil es keine Tastatur hat. Das wird ein Flop», höhnte der damalige Microsoft-CEO Steve Ballmer.

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Mit dem Aufkauf von Nokia und dem Windows Phone versucht Microsoft seit Jahren, sich fest im milliardenschweren Geschäft zu etablieren. Der ganz grosse Durchbruch lässt auf sich warten. «Ballmers Worte waren eine gloriose Fehleinschätzung», sagt SRF-Redaktor Berger rückblickend.

«Es zeigte sich schnell, dass gerade Leute mit tiefen Einkommen sehr häufig iPhones kauften. Man hat realisiert: Das iPhone ersetzte sämtliche anderen Geräte zuhause – etwa den deutlich teureren Computer.» In einem Zeitalter, in dem sich Flüchtlinge mittels Smartphone nach Europa navigieren, ist klar: Der vermeintliche «Flop» hat sich auch ausserhalb der Business-Klasse durchgesetzt.

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