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Gegen Steuer für Netz-Giganten «Im Gegensatz zur EU haben wir keine hohen Schulden»

Wie bringt man globale Internetkonzerne wie Google, Apple oder Facebook dazu, ihre Abgaben künftig nicht mehr nur in Steueroasen zu bezahlen, sondern in jenen Ländern, in denen sie tatsächlich ihre Milliarden verdienen? Diese Frage wird weltweit diskutiert. Die EU-Kommission will bis zu einer endgültigen Lösung eine vorübergehende Umsatzsteuer von drei Prozent einführen. Finanzminister Ueli Maurer sieht für die Schweiz keinen Handlungsbedarf, wie er zu SRF sagt.

SRF: Die EU-Kommission will bestimmte Umsätze von Internetkonzernen mit drei Prozent besteuern. Wie sinnvoll ist das?

Ueli Maurer: Aus Sicht der Europäischen Union ist dieser Vorschlag sinnvoll, denn die EU braucht Geld. Sie hat hohe Schulden – ganz im Gegensatz zu uns.

Was ist problematisch an dem Vorschlag der Europäischen Kommission?

Es führt möglicherweise zu Doppelbesteuerungen. Man würde dann teils die Gewinne und die Umsätze der Firmen besteuern. Das ist für die Unternehmen unattraktiv und bevorteilt grosse Länder. Ausserdem zweifle ich daran, dass dieser Vorschlag tatsächlich durchkommt. Einzelne Länder haben sich bereits dagegen ausgesprochen.

Wir wollen Internetkonzerne nicht mit hohen Steuern vertreiben.
Autor: Ueli Maurer Bundesrat

Insbesondere Zürich profitiert von Internetriesen wie Google, Facebook oder Microsoft. Diese bauen dort ihre Forschungsstandorte auf. Will man diese auch einfach nicht vertreiben?

Da diese Unternehmen hier einen Standort haben, besteuern wir diese Unternehmen bereits ordentlich. Erhebt die Schweiz zusätzlich eine Steuer von drei Prozent auf bestimmte Umsätze, werden wir als Land für solche Unternehmen unattraktiv. Wir wollen diese weiterhin in der Schweiz. Sie schaffen Arbeitsplätze und noch dazu attraktive. Davon profitiert die Schweiz als Ganzes.

Aber diese Übergangslösung könnte der Schweiz bis zu 50 Millionen Franken jährlich in die Kassen spülen?

Die Besteuerung der Internetkonzerne ist ein globales Problem. Dieses muss man auch global lösen. Die Schweiz ist Mitglied in Arbeitsgruppen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD. Diese wollen 2020 Reformvorschläge präsentieren. Wir wollen auf diese warten. Ein Schnellschuss bringt nichts.

Was schlägt die EU-Kommission vor?

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Da eine nachhaltige Reform Zeit brauche, will die Europäische Kommission ein gestaffeltes Vorgehen. Kurzfristig sollen zum Beispiel Werbeumsätze oder Einkünfte aus Vermittlungstätigkeiten wie bei Airbnb mit einem Satz von drei Prozent besteuert werden. Die Kommission erhofft sich über alle EU-Mitgliedsländer jährliche Steuereinnahmen von fünf Milliarden Euro. Langfristig will die Kommission das Unternehmenssteuerrecht anpassen. So soll künftig ein Geschäftssitz nicht mehr physisch sein müssen. Es soll eine Art «virtuelle Betriebsstätte» geben, die besteuert werden kann. Das wäre dann nicht eine neue Steuer, sondern eine Reform der bereits bestehenden Gewinnsteuer.

Die Linke will aber wie die EU-Kommission aufs Gas drücken, unter anderem, weil man sich damit eine schnellere langfristige Lösung erhofft?

Wie schon gesagt. Wir wollen Unternehmen nicht doppelt besteuern. Unser Steuersystem ist relativ kompliziert. Da braucht es grundsätzliche Überlegungen. Eine Zurückhaltung schliesst eine Besteuerung nicht aus. Eine nachhaltige Lösung braucht einfach seine Zeit. Und aus wirtschaftlicher Sicht wäre ein Schnellschuss äusserst ungeschickt. Die Wirtschaft braucht verlässliche Rahmenbedingungen. Und diese wollen wir bieten. Das ist die Chance der Schweiz, gerade bei Internetriesen wie Google und Co.

Das Gespräch führte Georg Häsler.

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