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Generika in der Kritik Swissmedic findet vermehrt Teile von krebserregenden Stoffen

Unerwünschte Nebenwirkungen: In den letzten Monaten mussten Arzneimittel zurückgerufen werden, weil Probleme auftauchten mit krebserregenden Stoffen.

Wer beim Grillieren die Wurst nicht im Griff hat, riskiert, dass sie schwarz wird. Dabei entstehen Nitrosamine. Dieser Stoff ist krebserregend. Vor gut einem Jahr tauchte der Stoff auch in Blutdruck-Medikamenten auf und aktuell bei einem Mittel gegen Magensäure.

Sehr viele Firmen in Indien und China sind gut und werden auch kontrolliert. Man darf das nicht verallgemeinern.
Autor: Massimiliano Conti Swissmedic-Laborleiter

Swissmedic, die Zulassungs- und Kontrollbehörde für Heilmittel in der Schweiz, hat darum im September Arzneimittel mit dem Wirkstoff Ranitidin zurückgerufen. Vor rund einem Jahr waren Fertigarzneimittel mit dem Wirkstoff Valsartan betroffen. Seit den Fällen werden Arzneimittel, die Nitrosamine enthalten könnten, im Labor geprüft.

Die Quelle der vor einem Jahr festgestellten Nitrosamin-Verunreinigung lag in China. Der Grund war ein geändertes Herstellungsverfahren für den Wirkstoff. Swissmedic-Laborleiter Massimiliano Conti sagt: «Wenn man Anpassungen in der Produktion oder der Synthese macht und diese nicht richtig überprüft werden, kann man zu solchen Fällen gelangen.»

Problem: Abgelaufener Patentschutz

Der chinesische Hersteller wollte möglichst günstig produzieren und änderte das Herstellungsverfahren. Das zog neue chemische Reaktionen nach sich – so gelangten die Nitrosamine in den Wirkstoff: «Dort hat man einen Schritt nicht gut beurteilt und es können Nitrosamine entstehen.»

Gemeldet hatte die Verunreinigung in diesem Fall der Schweizer Pharmakonzern Novartis, der die Wirkstoffe aus China selbst getestet hatte, um sie möglicherweise zu verwenden. Der Vorfall macht eine der Herausforderung in der Pharmabranche deutlich: Bei vielen Medikamenten, auch Blutdrucksenkern, laufen Patente ab. Sie können darum nachgeahmt werden.

Logo Swissmedic.
Legende: Swissmedic stellt seine Prüfmethode Unternehmen und auch anderen Behörden zu Verfügung stellt. Dies soll eine wirksamere Überprüfung nach Nitrosaminen gewährleisten. Keystone

Pharmafirmen suchen darum nach möglichst günstigen Verfahren und finden Hersteller in China oder eben auch Indien. Günstiger produzierte Arzneimittel in China oder auch Indien sind der Patientschutzorganisation ein Dorn im Auge.

Der Dachverband will mit politischen Vorstössen versuchen, den Importen den Riegel zu schieben. Präsidentin Erika Zitlener: «Wir fordern, dass die Wirkstoffe nicht mehr in Billiglohnländern hergestellt werden. Die Schweiz muss überprüfen, welche Wirkstoffe sie selber herstellen könnte.»

Von pauschalen Anschuldigungen will Conti nichts wissen. «Wir haben auch Beweise, dass nicht nur chinesische und indische Firmen betroffen sind. Sehr viele Firmen dort sind gut und werden auch kontrolliert.» Das dürfe man nicht verallgemeinern.

Analysen werden verfeinert

Nicht verallgemeinern, aber zusammenarbeiten, vor allem bei den Kontrollen, rät Conti. Swissmedic tut dies, indem es seine komplexen Prüfmethode Unternehmen und auch anderen Behörden zu Verfügung stellt. Nach dem Rückruf vor etwa einem Jahr hatte das Labor die Vorschriften verschärft, seine Analysen verfeinert und auf chemisch verwandte Wirkstoffe ausgeweitet. Tausende Tabletten werden seither auf Nitrosamine geprüft.

Ob plötzlich neue Probleme auftauchen, kann man nicht abschätzen. Es hängt auch davon ob, wie stark Hersteller Verfahren ändern und dabei übersehen, wie Substanzen sich verändern.

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