Für kleinere und mittlere Unternehmen ist es zuweilen zu kostspielig, ihr Recht gerichtlich einzufordern.
Grund dafür sind die Gerichtskosten. Je nach Kanton sind diese so hoch wie der Streitwert, also die Summe, die vor Gericht eingefordert wird.
Das klagende KMU muss die Gerichtskosten vorschiessen
Bei einem Streitwert von 20'000 Franken können die Gerichtskosten im Kanton Schwyz bis zu 50'000 Franken betragen; bei einem Streit um 100'000 Franken bis zu 100'000 Franken.
Bei 1,5 Millionen Streitwert kostet das Gericht im Kanton Freiburg bis 500'000 Franken.
Zwar muss am Ende der Verlierer diese Kosten tragen. Doch ein KMU, das vor Gericht klagen will, muss das Geld vorschiessen – meistens im vollen Umfang. Sonst schaut sich das Gericht den Streitfall erst gar nicht an.
Bundesverfassung garantiert eigentlich Gericht für jeden
Dies gilt, seit 2011 die schweizweit einheitliche, eidgenössische Zivilprozessordnung in Kraft getreten ist.
Laut Bundesverfassung hat jeder Anspruch darauf, dass eine richterliche Behörde einen Rechtsstreit beurteilt.
Doch in der Praxis scheitert dies häufig am Geld. Denn die Pflicht, die Gerichtskosten vorzuschiessen, ist gerade für KMU eine mitunter unüberwindbare Hürde.
Die Zürcher Juristin Linda Weber hat die Auswirkungen der Gerichtskosten wissenschaftlich untersucht.
In der Praxis würden die Gerichtskosten bedeuten, dass «finanzstarke Unternehmen wegen nur eines Frankens bis vor Bundesgericht ziehen können, während finanzschwache es sich schlicht nicht leisten können, überhaupt ans Gericht zu gelangen.»
Zivilverfahren in Zürich seit 2011 deutlich zurückgegangen
Genaue Zahlen über Gerichtsfälle mit KMU gibt es nicht. Aber die Statistik der Zürcher Gerichte enthält Hinweise, wie sich die Vorschusspflicht ausgewirkt hat. Diese gab es vor 2011 in Zürich nicht.
Seit 2011 sind die Zivilverfahren in der Stadt Zürich um 35 Prozent zurückgegangen; im gesamten Kanton um 37 bis 62 Prozent.
Am Zürcher Handelsgericht waren es laut den neusten Zahlen 25 Prozent weniger Fälle.
In einer Gesellschaft, die immer komplexer und internationaler werde, sei es unwahrscheinlich, sagt Juristin Linda Weber, dass es tatsächlich weniger Streitigkeiten gebe: «Es darf nicht sein, dass sich Unternehmen einen Streit aus finanziellen Gründen nicht leisten können und darum nicht vor Gericht ziehen.»