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Geschäft mit der Katastrophe Wenn’s kracht, profitieren die Rückversicherer

Was zynisch klingt, entspricht den Gesetzen des Marktes. Denn ein Hurrikan wie «Irma» fegt auch tiefe Prämien weg.

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Wirbelsturm «Irma» richtet in den USA Milliardenschäden an. Einen grossen Teil davon tragen die Rückversicherungen.
  • Für sie ist es gut, wenn es kracht: Nur so können sie die Prämien anheben.
  • Andere leiden unter den Sturmschäden: Zum Beispiel Schweizer Pensionskassen. Sie zahlen bei «Irma» mit.

Rückversicherer leben davon, dass sie von den Erstversicherern Risiken übernehmen. Dafür kriegen sie Prämien. Diese sind seit einigen Jahren aber im Keller. Dies, weil es wenig Schäden, aber viel Angebot an Versicherungsschutz gibt.

So zynisch es deshalb klingen mag: Für die Rückversicherer ist es gut, wenn es von Zeit zu Zeit kracht und hohe Schäden bezahlt werden müssen. Denn nur so wird Versicherungskapazität vernichtet und die Prämien können wieder angehoben werden.

Wie es damit momentan aussieht, weiss Martin Bertogg, Leiter Naturgefahren bei der Swiss Re: «Das hängt stark davon ab, wie viel Kapazität vernichtet wird. Im Moment ist der Markt sehr liquide. Es müssten enorm grosse Ereignisse stattfinden, dass die Kapazität dermassen reduziert wird, dass die Preise wirklich massiv anziehen.»

‹Irma› läuft noch. Bei Hurrikan ‹Harvey› ist sehr schwierig einzuschätzen, was das für die Versicherungsindustrie bedeuten wird.
Autor: Martin Bertogg Leiter Naturgefahren bei der Swiss Re

Bertogg sagt, mit Grund für die fallenden Prämien in jüngster Zeit sei, dass die Risiken dank besserer Modelle immer exakter berechnet werden könnten. Die Prämien würden nicht mehr gleich heftig ausschlagen wie noch vor einigen Jahren. Experten rechnen bei «Irma» momentan mit versicherten Schäden von bis zu 65 Milliarden Dollar.

Allerdings warnt Bertogg vor zu frühen Schlussfolgerungen: «‹Irma› läuft noch. Bei Hurrikan ‹Harvey› ist sehr schwierig einzuschätzen, was das für die Versicherungsindustrie bedeuten wird.»

Das Katastrophengeschäft lockt

Für eine andere Branche hingegen, die Pensionskassen, sind die Folgen von «Irma» klar: Sie müssen zahlen. Denn Pensionskassen haben in den letzten Jahren immer mehr begonnen, Risiken aus Naturkatastrophen zu übernehmen, weil Wirbelstürme und Erdbeben zudem komplett unabhängig sind von den Finanzmärkten und die Renditen gut sind. Die Portfolios der Pensionskassen sind dadurch stabiler.

Gesellschaften wie die Zürcher Twelve Capital vermitteln solche Versicherungsgeschäfte an Pensionskassen. Urs Ramseier, Chef von Twelve Capital, versucht abzuschätzen, wie stark Pensionskassen von «Irma» betroffen sind: «Wir gehen nach der neuesten Entwicklung davon aus, dass die Verluste für die Pensionskassen eher gering sein werden. Aber man nimmt tatsächlich das Risiko, bei grossen Ereignissen Verluste in den Portfolios hinnehmen zu müssen.»

Keine Rendite ohne Risiko

Darüber zu grämen brauchten sich Pensionskassen allerdings nicht, meint Ramseier: «Es hätte viel schlimmer ausgehen können. Dafür kriegen die Pensionskassen ja auch Rendite und bekanntlich gibt es keinen risikofreien Ertrag.»

Schweizer Pensionskassen zahlen übrigens nicht nur im Fall von «Irma» mit. Auch das Erdeben von letzter Woche in Mexiko führt in einigen Portefolios zu Verlusten. Das Erdbeben war nämlich mit einer sogenannenten Katastrophenanleihe versichert. Auch in diese waren Pensionskassen investiert, weiss Ramseier.

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