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Gewitter am Finanzmarkt Das Drama gehört zur Börse

Erst ging es steil runter an der Börse, dann wieder rauf. Aber an den grundlegenden, wirtschaftlichen Fakten hat sich wenig geändert. Da ist zunächst die Sorge um die US-Konjunktur:

Derzeit fürchten viele, die amerikanische Wirtschaft stürze in eine Rezession. Sie wollen nicht glauben, dass die US-Notenbank rechtzeitig die Zinsen senkt, um gegenzusteuern. Nun sind immerhin die jüngsten Arbeitsmarktdaten vom Donnerstag ein Aufsteller. Konkret: Weniger Leute als befürchtet, haben erstmals Arbeitslosenhilfe beantragt. Allzu schlimm steht es also wohl doch nicht um die Beschäftigung in der weltgrössten Volkswirtschaft.

Vor einer Woche erst war die Arbeitslosigkeit überraschend stark gestiegen auf 4.3 Prozent. Die Marktakteure lasen dies als gefährliches Schwächezeichen. Sogleich kam die Börse ins Rutschen. Das Barometer Dow Jones fiel um fünf Prozent in nur drei Handelstagen, der technologielastige Nasdaq-Index verlor gar acht Prozent.

Waghalsige Wetten in Japan

Noch schlimmer in Japan: Dort stürzte die Börse ab – ein Minus von 12 Prozent allein am Montag. Noch hat der Leitindex Nikkei sich davon nicht erholt, aber es geht wieder aufwärts. Im Fall Japan kam ein hausgemachtes Problem hinzu.

Viele Händler und Hedgefonds hatten zuvor waghalsige Wetten abgeschlossen. Sie hatten auf Pump spekuliert, mit Geld, das in Japan lange Zeit günstig zu haben war – dank niedriger Zinsen. Als dann die Bank von Japan die Zinsen Ende Juli ein zweites Mal erhöhte, wurde es eng. Die Spekulanten mussten ihre Wetten auflösen. Entsprechend heftig kamen die Kurse ins Purzeln – viel heftiger als in Europa und den USA.

Wird es die US-Notenbank richten?

Das Börsen-Drama in Japan hat offenbar auch die dortigen Währungshüter erschreckt. Eilig verabreichten sie den Investorinnen und Investoren eine verbale Beruhigungspille: Man werde vorläufig auf höhere Leitzinsen verzichten, um die Lage zu beruhigen.

Aber was ist denn nun mit den USA? Dazu sagt beispielsweise die US-Investmentbank Goldman Sachs, die Wahrscheinlichkeit einer Rezession habe sich von 15 Prozent auf 25 Prozent erhöht. Das heisst: Viel wahrscheinlicher ist, dass sich das Wachstum nur abschwächt, ohne dass es ins Negative kippt, die Wirtschaft also schrumpft.

Nun gilt es, die Nerven zu bewahren. Die US-Notenbank dürfte nichts überstürzen und frühestens an ihrer nächsten Sitzung am 18. September die Zinsen senken, egal wie hektisch es an den Börsen zu und hergeht. Dies ist allerdings schon lange das wahrscheinlichste Szenario. Auch diesbezüglich bleibt es somit wie gehabt.

Jan Baumann

Leiter Wirtschaftsredaktion

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Jan Baumann ist seit 2013 bei SRF tätig und leitet seit Anfang 2023 die Wirtschaftsredaktion von Radio SRF. Zuvor hatte er während rund zehn Jahren als Redaktor für die Zeitung «Finanz und Wirtschaft» gearbeitet, unter anderem als USA-Korrespondent.

Echo der Zeit, 09.08.2024, 18 Uhr

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