«Ich hatte ein Forschungsgebiet, für das ich relativ viel Laborplatz gebraucht habe», berichtet Physikprofessorin Ursula Keller. «Und das ist plötzlich zum Thema geworden. Grund war das Ego meiner männlichen Kollegen. Sie dachten: Die kann doch nicht mehr Platz haben als wir.»
Ursula Keller erforscht seit 30 Jahren Lasertechnik an der ETH in Zürich. Sie sagt, dass sie es als Frau immer schwerer gehabt habe. Ursula Keller ist eine von zahlreichen Professorinnen, mit denen SRF gesprochen hat. Nicht alle wollten sich vor der Kamera äussern, vor allem nicht Professorinnen am Anfang ihrer Karriere.
Ardemis Boghossian hingegen findet, Missstände müssten ausgesprochen werden. Die Assistenzprofessorin für Nanobiotechnologie an der EPFL in Lausanne hat immer wieder erlebt, dass sie und Kolleginnen anders behandelt worden seien als Männer.
«Ich muss mehr leisten, um dasselbe zu erreichen», sagt sie. So müssten Frauen mehr zu einer Arbeit beitragen – und dies auch mehr beweisen –, um ihren Namen auf ein entsprechendes Paper setzen zu dürfen.
Wissenschaftliche Papers sind die «Währung», die über den Aufstieg in einer akademischen Karriere bestimmen.
Der Verband der Schweizer Hochschulen bestätigt, dass in den Professuren Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern bestehen: «Dies zeigt sich darin, dass akademische Karrieren talentierter Forscherinnen oftmals stagnieren oder vorzeitig beendet werden.»
Der Verband kommt zu diesem Befund, obwohl er hervorhebt, dass alle Universitäten Massnahmen ergriffen hätten, um die Chancengleichheit zu erhöhen. Grundsätzliche Veränderungen seien nötig.
Beim Schweizerischen Nationalfonds hat man Projekte und Finanzierungen aufgelegt, die sich spezifisch an Professorinnen richten. Dies sei nötig, denn Studien zeigten, dass Frauen weniger Zeit für ihre Forschung hätten als Männer, sagt die Gleichstellungsbeauftragte Jasmine Lorenzini: «Sie müssen etwas mehr unterrichten, haben etwas mehr Studenten zu betreuen, haben etwas weniger Zeit für ihre Veröffentlichungen. So kommen sie langsamer vorwärts in ihren akademischen Karrieren.»
Mir wurde gesagt: Diese Chance kriegen Sie nie mehr.
Astrid Epiney ist nur eine von zwei Rektorinnen einer Schweizer Universität. Sie leitet die Universität Freiburg seit acht Jahren. Sie sagt, sie habe Glück gehabt als Frau und sei stets ermuntert worden, weitere Schritte zu gehen.
Dass die Wissenschaft vor allem für Mütter ein steiniges Terrain ist, hat aber auch sie zu spüren bekommen. In den Anfangsjahren ihrer Professur habe sie zweimal Gastprofessuren in Kanada abgelehnt, weil sie kleine Kinder hatte. «Mir wurde dann relativ nonchalant gesagt: Diese Chance kriegen Sie nie mehr. Das ist jetzt ganz schlimm für Ihre Karriere.»
Teilzeitarbeit wird bestraft.
Anna Elsner, mehrfach ausgezeichnete Assistenzprofessorin für französische Literatur und Kultur an der Universität St. Gallen, sieht eine gläserne Decke für Frauen sowohl vor als auch nach Erreichen der Professur. Wie der Verband Swissuniversities fordert sie «Mut zu weniger geradlinigen Lebensläufen».
Es brauche etwa «eine ganz andere Valorisierung von Teilzeitarbeit. Momentan wird diese schlussendlich bestraft, auch wenn sie eine gute und nicht-qualitätsmindernde Lösung einer von Zeitarmut gebeutelten Gesellschaft ist».
ETH-Physikerin Ursula Keller ist es aber auch ein Anliegen, ihren Beruf nicht schlechtzureden. Sie sagt: «Eine Professur ist ein Traumjob, ein absoluter Traumjob.»