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Ein Jumia-Mitarbeiter liefert Ware aus auf einem Motorrad.
Legende: Jumia ist die afrikanische Variante von Ebay und der grösste einheimische Player im Onlinehandel auf dem Kontinent. Reuters

Globales Onlinebusiness Kleinproduzenten kämpfen immer noch gegen hohe Hürden

Der Onlinehandel werde die Welt grundlegend verändern. So die Heilsversprechen. Denn nun haben die kleinsten Produzenten irgendwo auf dem Globus Zugang zu allen Konsumenten der Welt. Theoretisch. In der Praxis sieht es ganz anders aus.

Für Sheetal Kapoor, Textilunternehmerin im indischen Delhi, war der Onlinehandel das Tor zur Welt. Vor acht Jahren hatte sie ihr Geschäft gestartet und vertrieb ihre Kleider anfangs ausschliesslich online auf Plattformen wie Ebay, Amazon oder indischen Varianten davon wie Myntra oder Jabong.

Mittlerweile arbeiten über 150 Angestellte für Sheetal Kapoor. Mehr als 100'000 Kleidungsstücke verkauft sie pro Monat. Ihre Kundinnen und Kunden befinden sich auf der ganzen Welt, wie Grossbritannien, USA, oder Japan, um nur einige zu nennen.

Der Onlinehandel ermöglicht mir als Kleinunternehmerin weltweit präsent zu sein.
Autor: Sheetal Kapoor Textilunternehmerin aus Indien

Damit reiht sie sich gut ein in die Onlinehandelslandschaft ihrer Region. Nirgendwo gibt es so viele Online-Shopper wie in Asien. Laut dem UNCTAD-Bericht zum Onlinebusiness ist fast ein Drittel des Umsatzes, der weltweit gemacht wird im Onlinehandel, den Konsumenten in Asien zuzuschreiben.

Anderswo auf der Welt sieht das ganz anders aus.

Teta Isibo ist Designerin in der ruandischen Hauptstadt Kigali. Ihre Produkte, Schmuck, Handtaschen und andere Accessoires, die sie gemeinsam mit rund 80 Handwerkern herstellt, möchte sie vermehrt im Ausland vertreiben. Seit zwei Jahren versucht sie deswegen einen Onlineshop aufzubauen. Doch das ist einfacher gesagt als getan.

Bezahlsysteme sind ein Riesenproblem.
Autor: Teta Isibo Designerin in Ruanda

Die grösste Herausforderung für die ruandische Unternehmerin sind die Bezahlsysteme, welche den Onlinehandel erst ermöglichen, welche mit virtuellen Geldflüssen das Barzahlen, das im Netz nicht möglich ist, ersetzen. Marktführer darin ist das US-Unternehmen PayPal. Für die Unternehmerin leider keine Option.

Ich kann zwar im Internet bestellte Dinge mit PayPal bezahlen, aber ich kann kein Geld empfangen, weil ich in Ruanda wohne.
Autor: Teta Isibo Designerin in Ruanda

Wenn nun Online-Shopper irgendwo auf der Welt bei ihr Schmuck online bestellen, kann dieser nicht via PayPal bezahlt werden. PayPal bietet diese Option nicht an in Ruanda. Und Ruanda ist kein Einzelfall. Allein in Afrika ist es in 45 Ländern nicht möglich, via PayPal Geld zu erhalten.

Also musste sich die Unternehmerin eine andere Lösung ausdenken. Das Naheliegendste: die Bezahloption einer ruandischen Bank. Aber die Bezahlsysteme der ruandischen Banken führten dazu, dass Online-Shopper sechs Mal klicken mussten und auf eine andere Webseite, jene der Bank, verlinkt wurden.

Sechs Mal klicken für eine Halskette - das wirft bei den Konsumenten sofort die Frage auf: ist das eine seriöse Angelegenheit?
Autor: Teta Isibo Designerin in Ruanda

Schlussendlich gab es nur eine Möglichkeit: Teta Isibo registrierte ihr Business in den USA, und eröffnete dort ein Bankkonto. Von diesem Bankkonto aus kann sie das Geld, das sie im Onlinehandel einnimmt, dann via internationalen Zahlungsverkehr nach Ruanda überweisen. Das kostet wieder, aber immerhin ist damit das Bezahlen geregelt.

Doch nun kommt die Frage des Versands. Und auch hier kommt Teta Isibo einmal mehr in die Quere, dass sie in Ruanda wohnt. Eine Halskette der Designerin kostet rund 30 Franken. Eine Sendung von Ruanda in die USA kostet beinahe 40 Franken.

Niemand bezahlt mehr für die Versandkosten, als für das Produkt selbst.
Autor: Teta Isibo Designerin in Ruanda

Also musste die Unternehmerin auch diesbezüglich in die USA ausweichen. Sie wird nun ihre gesamte Kollektion, die sie online anbieten wird, in einer einmaligen Sendung in die USA verschiffen. Bestellt jemand in Zukunft in Europa eine Halskette, wird diese dann aus den USA versandt.

In Ruanda ein Online-Business aufzuziehen, ist also praktisch unmöglich. Der Zugang zu Bezahlsystemen sowie erschwinglichen Versandmöglichkeiten behindern das Mitmischen im globalen Markt als Unternehmerin.

Wer also heute im Onlinehandel tätig sein will, der tut gut daran, am richtigen Ort geboren worden zu sein. Noch immer kann nur ein kleiner Teil der Weltbevölkerung vom Onlinehandel profitieren. Diejenigen, die lesen und schreiben können. Idealerweise auf Englisch, denn mehr als die Hälfte des gesamten Internetinhalts ist auf Englisch verfasst. Diejenigen, die Zugang haben zu Strom und vor allem zum Internet . Und diejenigen, an deren Aufenthaltsort Bezahlsysteme und Lieferdienste in erschwinglicher Form angeboten werden.

Aber selbst diejenigen machen nicht das grosse Geld. Das ist noch immer den Internetriesen in den USA wie Ebay, Amazon oder PayPal vorenthalten.

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