Am vergangenen Dienstag kam es zu einem Ausfall des Amazon Webservice Datencenters (AWS) in North Virginia.
Grund für die Probleme sei menschliches Versagen, erklärte Amazon. Ein Entwickler, der einen Fehler im Verrechnungssystem beheben wollte, hatte aus Versehen zu viele Server ausgeschaltet. Er löste damit eine Kettenreaktion aus, bei der weitere Subsysteme zum Stillstand kamen. Nach fast vier Stunden hatte der Internet-Konzern das Problem behoben.
Zeitlupe statt Totalausfall
In der Zwischenzeit bekamen zehntausende Firmen und Konsumenten den Ausfall zu spüren. Bei Apple sollen mehrere Dienste nicht mehr richtig funktioniert haben, darunter iTunes, Face Time und Apple Music, wie die Daily Mail berichtet . Wer die Email in seinem Yahoo-Account lesen wollte, hatte Pech – genau wie die Nutzer von Nest Thermostat, die über eine App ihre Heizung nicht mehr steuern konnten.
Bei vielen Anwendungen kam es nicht zu einem Totalausfall, sondern zu Verzögerungen oder Störungen, weil Betreiber von Webseiten die Leistungen von Amazon aus verschiedenen Rechenzentren beziehen.
Die Anlage in Virginia ist auf die Verwaltung von Daten aller Art spezialisiert – vom Video für Grosskunde Netflix bis zum privaten Fotoalbum. Sie ist Teil des Amazon Simple Storage Service (S3). Eine Webseite, die ihre Illustrationen über diesen Dienst bezieht, funktioniert auch dann noch halbwegs, wenn sie die Bilder nicht laden kann. Die Panne zeigt jedoch eindrücklich, welche Schlüsselstellung die Infrastruktur von Amazon heute einnimmt.
Revolution in der Wolke
Der Online Gigant gilt als Pionier des Cloud Computing. 2006 startete das Unternehmen aus Seattle seine Offensive mit dem ersten Datencenter in North Virginia, das nun in die Schlagzeilen geraten ist. Amazon ist seit mehr als einem Jahrzehnt die Nummer eins geblieben und verfügt heute über mehr Kapazität als die drei grössten Konkurrenten Microsoft, Google und IBM zusammen.
Um den Erfolg des Cloud Computing zu erklären, zieht Amazon CEO Jeff Bezos jeweils den Vergleich mit der Elektrizitätsversorgung heran. Wer vor etwas mehr als hundert Jahren Strom brauchte, stellte seinen Generator auf und betrieb diesen selber. Dann kam das Angebot der Elektrizitätswerke hinzu und erledigte das besser und günstiger.
Die IT-Abteilungen vieler Unternehmen machten in den letzten Jahren einen ähnlichen Prozess durch. Statt grosse Datenbanken aufzubauen und in Server zu investieren, mieteten sie Dienste von Cloud-Anbietern wie Amazon.
Das hat grosse Vorteile
- Die Cloud ist effizienter und deshalb billiger und umweltfreundlicher.
- Die Cloud ist sicherer, weil sich IT-Riesen wie Amazon die besten Sicherheitsexperten leisten können.
- Die Cloud ist flexibler. Ein erfolgreiches Startup Unternehmen, das schnell wächst, kann zusätzliche Speicher- und Rechen-Kapazität einfach aus der Cloud dazumieten. Die Anschaffung von Geräten entfällt und damit auch Suche nach Räumlichkeiten, Personal und Geld.
Wo Apple drauf steht, steckt Amazon drin
Das hat zu einer eigentlichen IT-Revolution geführt, ohne dass der Endkonsument viel davon bemerkt hätte. Denn wer abends zu Hause noch schnell über Airbnb eine Unterkunft für die Ferien bucht, bevor er sich einen Film auf Netflix anschaut, merkt nicht, dass er in beiden Fällen einen Dienst von Amazon beansprucht.
Die Liste der AWS-Kunden liest sich denn wie ein Who-is-Who der bekanntesten Konzerne und der erfolgreichsten Startups der Welt: Von A wie Apple über N wie Novartis oder NASA zu S wie spotifie bis Z wie Zinga – sie alle sind auf Amazon angewiesen.
Den nächsten Ausfall könnten viele noch deutlicher zu spüren bekommen – dann, wenn das Internet der Dinge Realität geworden ist und man zu Hause das Licht nicht mehr einschalten kann, weil irgendwo ein Rechenzentrum ausgefallen ist.