Das Wichtigste in Kürze
- Die Leitung der Credit Suisse – VR-Präsident Urs Rohner und Konzernchef Tidjane Thiam – musste an der heutigen Generalversammlung ungewohnt viel Kritik einstecken.
- Obwohl sie auf Druck von Aktionären im Vorfeld auf 40 Prozent ihrer Boni verzichteten, war der Vergütungsbericht in der Schwebe.
- Wirtschaftsredaktor Jan Baumann zum offenen Ärger über abgehobene Managerlöhne, Besserungsgelöbnissen und nicht mehr so willigen Aktionären wie auch schon.
SRF News: Ist der Vergütungsbericht wegen des Boni-Teilverzichts angenommen worden?
Jan Baumann: Der Teilverzicht dürfte vor allem auf der symbolischen Ebene etwas bewirkt haben. Konzernchef Thiam und die CS-Geschäftsleitung haben signalisiert, dass sie die Kritik gehört haben. Denn diese kam diesmal nicht nur von Kleinaktionären, sondern auch von gewichtigen Investoren und den einflussreichen amerikanischen Stimmrechtsberatern.
58-Prozent Zustimmung zum Vergütungsbericht – kein gutes Resultat?
Das kann man laut sagen, stimmten doch im vergangenen Jahr noch 80 Prozent an der GV dem Vergütungsbericht zu. Das heutige Ergebnis ist ein Denkzettel an die CS-Leitung. Die Botschaft ist klar und unmissverständlich: Es kann nicht sein, dass die CS wiederholt tiefrote Zahlen schreibt und die Manager trotzdem fette Bezüge einstreichen.
VR-Präsident Urs Rohner betonte denn auch, er habe die Botschaft gehört und wolle das Thema Cheflöhne nochmals genau anschauen und auch mit den Aktionären noch mehr diskutieren. Insofern könnte der Protest der Aktionäre etwas bewirken.
Ist das Aufmucken des Aktionariats ein CS-Phänomen oder zieht das weitere Kreise?
Es geht eindeutig nicht nur um die CS, sondern um etwas Grundsätzliches. Die CS ist einfach nur ein besonders prominenter Fall. An den Generalversammlungen in diesem Frühling gab es auch bei anderen Firmen Widerstand. Bei einigen Schweizer Konzernen wurde der Vergütungsbericht sogar abgelehnt.
Hinter dem steigenden Druck dürfte eine internationale Entwicklung stecken. Die grossen Investoren wie Pensionskassen und Fondsgesellschaften stellen vermehrt kritische Fragen zu den Löhnen und verlangen, dass sich die Konzernchefs für ihr Verhalten und die Resultate rechtfertigen und überzeugende Argumente liefern. Sonst werden die Chefs abgestraft.
Das Gespräch führte Roman Fillinger.