- Die meisten Schweizer Banken haben sich mit dem US-Justizministerium geeinigt, teils teuer dafür bezahlt, dass sie Steuerhinterziehung begünstigt haben sollen.
- Die Geschichte ist damit aber womöglich nicht zu Ende. Denn jetzt haben die US-Behörden mit Swiss Life zum ersten Mal eine Versicherung ins Visier.
- Es geht um spezielle Lebensversicherungen für reiche Kunden. Eigentlich ist das legal. Es ist aber auch geeignet, Schwarzgeld zu waschen.
Um es vorwegzunehmen: Es gibt derzeit noch kein Verfahren und auch noch keine Anklage von US-Seite. Nur eine erste Kontaktaufnahme, wie Swiss Life betont. Trotzdem sagt der Berner Wirtschaftsjurist Peter V. Kunz: «Das ist durchaus ernst zu nehmen. Es war schon seit Jahren bekannt, dass die US-Behörden solche Versicherungsmäntel kritisch betrachten.» Insofern sei es nur eine Frage der Zeit bis zur Kontaktaufnahme gewesen.
Die «Insurance Wrapper» sind ein Steuersparprodukt für reiche Kunden. Dabei werden deren Geld oder andere Vermögenswerte in eine Versicherung gehüllt. Die Kunden können so von den vorteilhaften Steuerregimen für Lebensversicherungen profitieren. Das ist an sich völlig legal. Problematisch wird es erst, wenn Kunden versuchen, ihr Schwarzgeld in so einem Versicherungsmantel zu verstecken.
Finma teilt Misstrauen der US-Behörden
Die Finanzmarktaufsicht Finma misstraut diesen Wrappern schon lange. Bereits vor sechs Jahren verschärfte sie die Regeln, um mögliche Steuerschlupflöcher bei den Versicherungen zu schliessen. Die Sorge war gross, dass reiche Kunden infolge der verschärften US-Steuergesetze für Bankkunden ihr Schwarzgeld künftig in Versicherungen unterbringen könnten.
Ganz unbegründet war die Sorge nicht: Denn besonders stark nachgefragt wurden die Versicherungsmäntel nach 2008, also nach Bekanntwerden des Steuerfalls zwischen UBS und US-Behörden. So etwas wollte die Finma den Schweizer Versicherungen ersparen.
Schon in der Vergangenheit ein Thema
Der frühere Swiss-Life-Chef Bruno Pfister zeigte damals Verständnis für die schärfere Aufsicht: «Die Finma hat den Braten rechtzeitig gerochen und adäquate Massnahmen eingeleitet.» Er selbst sah seine Versicherung, die besonders viele dieser Versicherungsmäntel verkaufte, aber auf der sicheren Seite.
Swiss Life habe sehr früh begonnen, Steuerdeklarationen von den Kunden einzufordern: «Wir haben ein konsequentes Kontrollsystem», versicherte Pfister. Und wenn sich zeigen sollte, dass ein Kunde nur zum Steuernsparen zur Swiss Life komme, lehne man das Geschäft ab, sagte Pfister: «Nichtsdestotrotz sind Problemfälle nicht völllig auszuschliessen. Mit all den Massnahmen, die getroffen wurden, glaube ich, dass die Reputationsrisiken klein sind.»
Ob er damals Recht hatte mit seiner Einschätzung, werden die bevorstehenden Gespräche mit dem US-Justizdepartement zeigen. Das Unternehmen kündigte an, zu kooperieren. Zur möglichen Dauer der Gespräche und der Wahrscheinlichkeit einer Anklage wollte Swiss Life keine Angaben machen.
Erstmals Versicherer im Visier
Wirtschaftsjurist Peter V. Kunz rechnet damit, dass die US-Behörden zügig voranmachen, um ein Präjudiz für Verhandlungen mit anderen Versicherungen zu haben: «Insofern droht erhebliches Ungemach für Swiss Life und weitere Versicherungen mit ähnlichen Themen.»
Swiss Life ist der erste Versicherer, den die US-Behörden ins Visier nehmen. Bislang hat sich nur der Schweizer Vermögensverwalter Swiss Partners vor zwei Jahren schuldig bekannt, mit Hilfe von Versicherungsmänteln Kundengeld versteckt zu haben.
Stimmungsbaissse an der Börse
Swiss Life droht schlimmstenfalls eine Busse. Dass diese so hoch ausfallen könnte wie bei den Schweizer Banken, die im Steuerstreit bislang knapp sechs Milliarden Dollar an die US-Behörden zahlen mussten, halten Bankanalysten für sehr unwahrscheinlich.
Und dennoch: Die blosse Aussicht auf jahrelange Verhandlungen und eine mögliche Busse hat den Aktienkurs von Swisslife bis zum Mittag um zwei Prozent gedrückt.