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Interessenkonflikt ums Wasser Wassergeschäft von Nestlé läuft harzig

Das «flüssige Gold» schenkt zurzeit unterdurchschnittlich ein. Der Multi sieht noch Potenzial und gelobt Nachhaltigkeit.

Wasser verkauft sich bei Nestlé schlechter als Babynahrung, Glace oder Pizza. Nur um 1.4 Prozent ist der Umsatz im Bereich Wasser im ersten Halbjahr 2019 gestiegen, während die Verkäufe über alle Geschäftsbereiche gesehen um rund 3.5 Prozent zugelegt haben.

Der Wettbewerb im Wassergeschäft sei gross, sagt Matthias Geissbühler, Leiter der Anlagestrategie von Raiffeisen Schweiz. Zum einen konkurrenziere Wasser mit Süssgetränken. Zum anderen sei wegen der verbesserten Wasserversorgung das Hahnenwasser zum Konkurrenzprodukt geworden. Und letztlich gelte Wasser als Allgemeingut, womit nicht beliebig viel für eine Wasserflasche verlangt werden könne. All diese Faktoren machten das Wassergeschäft weniger profitabel als andere Unternehmensbereiche, so Geissbühler.

Nestlé will Wassergeschäft weiter fördern

Der Chef von Nestlé Waters, Mauricio Paternello, gibt sich dennoch zufrieden. Weltweit sieht er noch Potenzial, mehr Wasserflaschen zu verkaufen.

Dass der Multi das Wassergeschäft weiter ausbauen will, stösst bei Umweltorganisationen auf Widerstand. Der Umweltaktivist Franklin Frederick aus Brasilien kritisiert, dass Nestlé Waters zu viel Wasser aus den Quellen beziehe: «Es ist eine gefährliche Entwicklung. Trotz der aktuellen Hitzewelle in Europa beziehen Unternehmen wie Nestlé weiterhin zu viel Wasser.»

Fall Vittel als Beispiel

Als Beispiel nennt Frederick die Gemeinde Vittel in den französischen Vogesen, wo ein Streit um die Überbeanspruchung der Grundwasserquelle im Gang ist. «Die lokale Bevölkerung soll künftig mit Wasser aus dem Nachbardorf duschen, weil es dereinst zu wenig Wasser gibt», kritisiert Frederick.

Der Streit in Vittel

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Bei der Grundwasserquelle «Bonne Source» geht es um Interessenkonflikte in der lokalen Wasserkommission der Gemeinde Vittel. Diese will Nestlé weiterhin das Abpumpen von Wasser erlauben, obwohl die Quelle überbeansprucht wird. Die Kommission schlägt vor, dass die lokale Bevölkerung auf Wasser vom Nachbardorf ausweicht – über eine Rohrleitung, an deren Kosten sich Nestlé beteiligen will. Bevölkerung und NGOs werfen der Kommission vor, Nestlé statt den dort lebenden Menschen ein Vorrecht am Grundwasser der Gemeinden zu geben.

An der «Bonne Source» füllt Nestlé sein Vittel-Mineralwasser vor allem für die Schweiz und Deutschland ab. Wegen der aktuellen Überbeanspruchung wird bis 2050 eine Knappheit befürchtet. Nestlé entnimmt der Quelle nach eigenen Angaben jährlich rund 750’000 Kubikmeter Wasser, wobei die bis 2020 gültige Lizenz eine Million Kubikmeter erlaubt. Der Verbrauch von Nestlé entspricht laut Konzernangaben etwa 28 Prozent der Gesamtentnahme durch alle Nutzer.

Wir müssen die Ressourcen schützen, das ist schliesslich unsere Existenzgrundlage.
Autor: Mauricio Paternello Chef von Nestlé Waters

Nestlé-Manager Patarnello pflichtet dem Umweltaktivisten bei, dass man die Quellen schützen müsse. Denn von diesen hänge ja letztendlich das Wassergeschäft von Nestlé ab: «Wir müssen die Ressourcen schützen, das ist schliesslich unsere Existenzgrundlage.»

Nestlé setze sich deshalb für eine nachhaltige Nutzung der Wasserquellen ein, betont Patarnello.

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