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Wieviele Spitäler braucht die Schweiz?
Aus ECO vom 28.01.2019.
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Investitionsboom bei Spitälern Wie viele Spitäler braucht die Schweiz?

Der wirtschaftliche Druck auf Kliniken steigt. Kantone und Spitäler reagieren unterschiedlich darauf.

Spitäler machen den grössten Kostenblock im Gesundheitswesen aus. Der Druck steigt. Wer als Klinik überleben will, muss effizienter werden.

Viele – insbesondere öffentliche – Spitäler haben das erkannt. Sie reagieren aber unterschiedlich darauf.

Vier Beispiele aus der Schweiz und das Beispiel Dänemark.

  • Beispiel Uri: Neubau und Vernetzung

In Uri beginnen im Februar die ersten Arbeiten für den Spitalneubau. Das jetzige Spital ist über 50 Jahre alt.

Spitaldirektor Fortunat von Planta: «Allein schon wegen des Alters können die Anliegen, Bedürfnisse und Vorgaben der verschiedenen Anspruchsgruppen je länger, je weniger erfüllt werden. Mit Anspruchsgruppen meine ich nicht nur Patienten und ihre Angehörigen, sondern auch unsere Mitarbeitenden und die Behörden, die uns überwachen und kontrollieren».

Neues Spital Uri: Mehr ambulante Versorgung

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Im neuen Spital ist fast ein Viertel der 84 Betten für die ambulante Versorgung vorgesehen. Die Behandlungskosten werden dann nicht vom Kanton übernommen. Für Spitaldirektor Fortunat von Planta birgt dies finanzielle Risiken. Denn bereits heute decken die Tarife die Kosten nicht: «Das ist sehr ungünstig und hilft uns überhaupt nicht in der Frage, ob wir wirtschaftlich gut unterwegs sind. Beispiel Meniskus-Operationen: Da bekommen wir im ambulanten Setting 2070 Franken. Wenn der Patient eine Nacht hierbleibt, sind es zwischen 4100 und 9100 Franken - je nachdem, wie er versichert ist.»

Im neuen Kantonsspital sollen alle baulichen Massnahmen die Abläufe für Mitarbeitende und Patienten verbessern, um so Kosten zu sparen.

Doch braucht Uri angesichts der hohen Spitaldichte in der Schweiz überhaupt ein neues Spital?

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Schweiz und Dänemark im Vergleich
Aus ECO vom 28.01.2019.
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Dass das Spital drittgrösster Arbeitgeber im Kanton ist, ist für die Urner Gesundheitsdirektorin Barbara Bär (FDP) nur ein Argument: «Uri ist aufgrund der geografischen Lage und wegen der grossen Kantonsfläche – dezentral mit Talschaften – sehr darauf angewiesen, ein Spital zu haben. Das brauchen wir für die medizinische Versorgung unserer Bevölkerung. Wir haben ein Spital im Kanton Uri. Das ist das medizinische Kompetenzzentrum».

Keine Fusion

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Das Spital Uri arbeitet bereits eng mit dem Kantonsspital Luzern zusammen. Dieses übernimmt komplexere medizinische Eingriffe. Pro Jahr überweist Uri über 500 Patienten nach Luzern. Dennoch will Uri selbstständig bleiben und nicht mit Luzern fusionieren. Eine Fusion sei nicht in jedem Fall zwingend, sagt der Berater für Spitalplanungen, Christian Elsener: «Für ein Regionalspital ist es extrem wichtig, dass es in einem Netzwerk eingebunden ist. Ein kleines Spital, das für sich allein funktioniert und alle Leistungen selber erbringt, für das wird es in Zukunft vermutlich keinen Platz mehr haben. Im Kanton Uri hat man das erkannt und arbeitet entsprechend mit Kantonsspital Luzern zusammen.»

Das Spital kostete den Kanton 2017 rund 66 Millionen Franken. Die neue Klinik soll die Rechnung um jährlich etwa 3 Millionen Franken entlasten.

Die Wirtschaftlichkeit des neuen Kantonspitals ist kein Selbstläufer. In jüngerer Vergangenheit wies das Unternehmen zweimal einen Verlust aus.

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Dänemark: Weniger Spitäler, bessere Versorgung
Aus ECO vom 28.01.2019.
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  • Beispiel Waadt und Wallis: neues interkantonales Spital

Das neue Spital Riviera-Chablais mit 300 Betten wird die Akutspitäler von Vevey (VD), Montreux (VD), Aigle (VD) und Monthey (VS) ersetzen und die Grundversorgung von 180 000 Menschen in den beiden Kantonen sicherstellen. Die Eröffnung des 290-Millionen-Projekts ist für Mai vorgesehen.

Spitäler müssten unternehmerisch handeln können, sagt Spitalplanungsberater Christian Elsener.

«Es ist wichtig, den Spitälern die Freiheiten zu geben, sich organisieren zu können und Kapazitäten zusammenlegen, wo es nötig ist. Auch gemeinsam Beschaffungen anzugehen. Man denke an das digitale Spital der Zukunft: Wenn jeder das digitale Spital selber erfinden will, dann sind Kosten untragbar hoch», sagt der Experte.

  • Beispiel Basel-Stadt und Basel-Landschaft: Fusion?

Basel-Stadt verfügt über ein Unispital. Baselland hat ein Kantonsspital an drei Standorten.

Jetzt sollen die öffentlichen Spitäler der beiden Halbkantone zu einem Unispital Nordwest (USNW) fusioniert und die Gesundheitsplanung gemeinsam durchgeführt werden, sofern das Stimmvolk im Februar zustimmt.

Dänemark: Konzentration, aber konsequent

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Dänemark ist in der Diskussion, wie viele Spitäler für die Versorgung nötig sind, einige Schritte weiter als die Schweiz. Dort wird umgesetzt, was 2007 von der Regierung beschlossen wurde: Die ganze Akutversorgung für die 5,7 Millionen Dänen wird auf 21 grosse Spitäler konzentriert. Das heisst: ein Spital mit 24-Stunden-Notfallstation versorgt in Dänemark 275'000 Einwohner. In der Schweiz kommt ein vergleichbares Spital auf rund 70'000 Einwohner - also rund viermal weniger.

Um die Spitalreform umzusetzen, investiert der dänische Staat viel Geld in Neubauten. An 16 Standorten wird auf der grünen Wiese gebaut. Als erstes dieser Superspitäler ist seit kurzem das neue Universitätsspital von Aarhus in Betrieb. Es soll jährlich 100'000 Patienten in fast allen medizinischen Disziplinen versorgen. Alles ist auf eine möglichst effiziente Logistik und Behandlung ausgerichtet. So verfügt es nur über Einzelzimmer, was die Infektionsraten senkt, eine schnellere Erholung begünstigt und gleichzeitig auch die Belegungsdauer senkt.

Sparpotenzial laut Regierung: Etwa 70 Millionen Franken. Dies bei Gesamtkosten von rund 1,5 Milliarden.

Kein guter Plan, sagt Sarah Wyss. Die SP-Grossrätin präsidiert die baselstädtische Gesundheitskommission. Ihre Partei lehnt die Vorlage ab: «Die öffentlich-rechtlichen Spitäler, die fusionieren sollen, haben vier Standorte. Die Fusion wird nichts daran ändern.»

Was man hingegen tun müsste: die Leistungen zentralisieren und vielleicht auch einzelne Standorte schliessen, sagt Sarah Wyss.

Das sei aber mit diesem Staatsvertrag explizit ausgeschlossen. «Das ist ein Hauptgrund, warum wir dagegen sind», so die SP-Grossrätin.

Strukturreform statt Fallzahlen-Quoten

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Ein Haupttreiber der Reform in Dänemark war die Sorge um die Qualität der medizinischen Leistungen, sagt Gesundheitsökonom Kjeld Møller Petersen gegenüber «Eco». Møller Petersen war Mitglied der Expertenkommission, welche die Reform ausgearbeitet hat. Wie aktuell in der Schweiz hatte Dänemark vor der Reform das Problem, dass viele kleineren Spitäler für viele Eingriffe zu tiefe Fallzahlen hatten. Deshalb habe man die Spitäler konzentriert. So kommen Ärzte und Spitäler auf höhere Fallzahlen, was die Qualität steigert, sagt der Experte der süddänischen Universität.

Dänemark löst das Problem mit einer grossen Strukturreform, während man in der Schweiz das Problem über Quoten angeht. Vorreiter ist dabei der Kanton Zürich, der seit Anfang Jahr bei einigen Operationen auch Mindestfallzahlen pro behandelnden Arzt vorschreibt.

Im Unterschied zur Schweiz ist in Dänemark das Gesundheitssystem weitgehend staatlich gelenkt. Es gibt kaum private Kliniken und Krankenversicherungen. Mit der Strukturreform wurde überdies die Rolle der Hausärzte gestärkt. Ausser bei Notfällen entscheiden sie als «Gatekeeper» über die weiteren Behandlungsschritte, also auch darüber, ob ein Patient einem Spital oder Spezialisten überwiesen wird.

Für Nanna Skoovgard vom dänischen Gesundheitsministerium ist das ein wichtiger Faktor für die Spitalplanung: «Es ist sehr teuer ein Spital zu führen. Als Gesellschaft müssen wir darauf achten, dass nur jene Leute, die wirklich krank sind und diese Behandlung auch brauchen, diese Betten und die Zeit der Spezialisten beanspruchen.»

Gesundheitsdirektor und CVP-Regierungsrat Lukas Engelberger sieht das anders.

Die Schliessung von Spitalstandorten bleibe sehr wohl möglich: «Die Standorte, die in das Universitätsspital Nordwest eingebracht werden, werden stark verändert.»

Die weitere Entwicklung oder Aufhebung der Standorte in der Zukunft sei dann Sache des USNW und kein politischer Entscheid mehr. Das öffne für die Zukunft viel mehr Flexibilität als der Status quo.

  • Beispiel St. Gallen: Zusammenlegung öffentliche Spitäler

Der Kanton St. Gallen hat vier öffentliche Spital-Unternehmen an neun Standorten. Der gemeinsame Verwaltungsrat aller Kliniken hat nun den Vorschlag eingebracht, die Standorte auf vier zu reduzieren.

Die St. Galler Gesundheitsdirektorin Heidi Hanselmann sagt im Interview mit dem Wirtschaftsmagazin «ECO» dazu: «Die Politik, die Regierung, die Bevölkerung, die Ärzteschaft haben viele Fragen. Diese werden jetzt diskutiert. Es werden Alternativen erarbeitet, und wir stellen uns der Bevölkerung im direkten Gespräch. Wir sind mitten in der Arbeit. Enschieden ist noch nichts».

Die Auswirkungen einer Spitalschliessung müssten genau überprüft werden. Es nütze nichts, wenn die gleichen Behandlungen an einem andern Ort teurer durchgeführt würden, sagt Heidi Hanselmann.

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