- Ruag International hat einen Käufer für seine Munitionsfabrik in Thun (BE) gefunden.
- Die Sparte Ammotec werde an die italienische Beretta veräussert, teilte der Rüstungs- und Raumfahrtkonzern mit.
- Es gebe eine Standortzusicherung für Thun. Alle Mitarbeiter würden übernommen.
Der Verkauf nach Italien ist keine Überraschung. Mitte Februar hatte Beretta-Chef Pietro Gussalli Beretta gegenüber der «Neuen Zürcher Zeitung» sein Interesse an der Sparte Ammotec bestätigt: «Wir haben die Waffen, die Ruag die Munition. Überlappungen der Geschäfte gibt es keine.» Die venezianische Beretta produziert leichte Feuerwaffen für Jagd, Sport und Verteidigung sowie Ferngläser und Mode.
Standortgarantie für fünf Jahre
«Die Beretta Holding übernimmt alle 2700 Mitarbeitenden an sämtlichen Produktions- und Vertriebsstandorten. Die Beretta Holding hat sich verpflichtet, den Standort Thun mit rund 400 Arbeitsplätzen für mindestens fünf Jahre zu erhalten», schrieb die Ruag am Mittwoch in einer Mitteilung .
Beretta sei nicht der einzige Kaufinteressent gewesen, sagte ein Ruag-Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP. Namen würden jedoch keine bekannt gegeben. Über den Verkaufspreis sei Stillschweigen vereinbart worden, schrieb der Rüstungs- und Raumfahrtkonzern. Ob Beretta am meisten Geld geboten hatte, wollte der Ruag-Sprecher nicht sagen: «Es ist für uns das beste Angebot.» Die Geschäfte von Ammotec und Beretta würden sich gut ergänzen.
Ausserdem biete Beretta mit ihrer Branchenerfahrung und globalen Präsenz die besten Voraussetzungen, um die Geschäftsaktivitäten von Ammotec zum Nutzen von Kunden und Mitarbeitenden nachhaltig auszubauen. Dies erklärte Ruag-Chef André Wall im Communiqué.
Zwei Drittel des Umsatzes mit zivilen Waffen
Die Ammotec macht rund zwei Drittel des Gesamtumsatzes im zivilen Bereich mit Kleinkalibermunition für Jagd und Sport oder Komponenten für die Industrie. Zudem liefert die Sparte Kleinkalibermunition für Armeen und Gesetzeshüter.
Im Jahr 2020 belief sich der Umsatz von Ammotec auf 487 Millionen Franken. Im ersten Semester 2021 kletterte der Umsatz dann um 18 Prozent in die Höhe. Die Ammotec habe vom Nachfrageboom nach Munition in den USA profitiert, hatte es damals an der Halbjahreskonferenz der Ruag geheissen.
Konzernchef André Wall verglich im vergangenen August die Munitionskäufe der Amerikaner scherzhaft mit den Hamsterkäufen der Deutschen von WC-Papier. Der Verkauf von Kleinkaliberwaffen sei in den USA extrem angestiegen. Allerdings glaube er nicht, dass die Munitionsnachfrage so hoch bleiben werde. Neben Thun hat Ammotec noch Fabriken in Deutschland und Ungarn.
Bundesrat beschloss Verkauf der Ammotec
Im März 2019 hatte der Bundesrat den Verkauf der Munitionssparte beschlossen. Nach Ansicht des Bundesrats war das öffentliche Interesse am Eigentum eines solchen Unternehmens nicht mehr gegeben. Gegen den Verkauf regte sich damals Widerstand vonseiten der SVP, als der damalige Nationalrat und heutige Ständerat Werner Salzmann (SVP/BE) eine Motion einreichte, um den Verkauf zu stoppen.
Der Ständerat hatte die Motion jedoch abgelehnt und den Verkauf von Ammotec im vergangenen Herbst, wie vom Bundesrat vorgegeben, bestätigt. Die Ruag selbst wollte den Verkauf im ersten Halbjahr 2022 über die Bühne bringen.