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Kampf gegen CO2-Ausstoss Kernkraft soll Klimaproblem lösen helfen

Die Schweiz hat den Bau neuer Atomkraftwerke in der Energiestrategie 2050 verboten. War das ein klimapolitischer Fehler?

Obschon in den letzten Jahren weltweit Tausende Wind- und Sonnenkraftwerke gebaut worden sind, ist die Energieproduktion nicht klimafreundlicher geworden. Das betont Keisuke Sadamori, zuständig für Energiemärkte und Sicherheit bei der Internationalen Energieagentur IEA. Der Grund: Der Anteil der Kernkraft im Strommix hat abgenommen.

Kernkraftbefürworter sehen sich bestätigt

Die Kernenergie sei eben sehr klimafreundlich, sogar klimafreundlicher als Sonnenenergie, sagt Beat Bechtold, Geschäftsführer des Nuklearforums Schweiz. Er verweist auf eine Studie des Bundesamtes für Energie, die zeige, dass Kernenergie die Treibhausgasemissionen tiefer halte als die Photovoltaik.

Zwar entsteht weder auf der Photovoltaik-Anlage noch im AKW direkt bei der Stromproduktion CO2. Die Studie hat aber den gesamten Lebenszyklus inklusive Bau und Produktion untersucht. Sie kommt zum Schluss, dass ein Kernkraftwerk pro Kilowattstunde produzierten Stroms leicht weniger CO2 verursacht als ein Solarkraftwerk.

Kosten sprechen gegen Atomenergie

Nils Epprecht, Geschäftsleiter der Schweizerischen Energiestiftung, die sich für eine umweltgerechte Energiepolitik einsetzt, sagt: «Beim CO2-Ausstoss haben die Atomkraftwerke tatsächlich Vorteile. Es müssen aber erhebliche Nachteile wie die Risiken, die Kosten und weitere Umwelteinwirkungen mitberücksichtigt werden.»

Angesprochen auf die Risiken meint Bechtold, diese seien in der Schweiz sehr nahe bei null, weil kontinuierlich in die Sicherheit investiert werde. Bei den neuen Reaktoren sei die Sicherheit nochmals höher.

Die Energiestiftung argumentiert zusätzlich mit den Kosten. Dabei räumt Epprecht zwar ein, dass die Photovoltaik wie die Atomkraft auf staatliche Subventionen angewiesen sei: «Allerdings ist es bei der Photovoltaik ein Faktor von 1:3 bis 1:4 – ein staatlicher Franken löst also private Investitionen von drei bis vier Franken aus.» Bei der Kernenergie sei es im besten Fall ein Faktor 50:50, im schlechteren Fall ein Faktor 3:1 zulasten der öffentlichen Mittel.

Pariser Abkommen legt die Leitplanken

Die Entwicklungen auf dem europäischen Energiemarkt scheinen Epprecht recht zu geben: Während die laufenden Neubauten von Kernkraftwerken mit Verspätungen und riesigen Mehrkosten kämpfen, werden Solarkraftwerke in Südeuropa bereits ohne jegliche Subventionen gebaut.

Kommt dazu, dass die Uhr tickt: Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten, muss die Energieproduktion rasch CO2-frei werden. Photovoltaik-Anlagen sind schnell gebaut, der Bau neuer AKWs aber ist gesetzlich verboten.

Energiestrategie 2050 – ein politischer Fehler?

Der Nuklearforum-Geschäftsleiter hofft, dass sich dies wieder ändern lässt und verweist auf andere Länder: «In Indien, China und Russland werden massive Investitionen in Kernkraftwerke gemacht – zur Versorgungssicherheit, aber auch um einen Beitrag an die Umwelt zu leisten.»

Die Schweiz habe mit der Energiestrategie 2050 einen anderen Weg eingeschlagen, entgegnet Epprecht von der Energiestiftung. Er verweist auf eine neue Umfrage von GFS Zürich, wonach fast drei Viertel der Schweizer Bevölkerung den Atomausstieg nach wie vor befürworten. Global ist vorläufig von einem Ausbau der Kernkraft auszugehen. In der Schweiz aber dürfte sie langfristig kaum überleben.

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