- Die russische IT-Firma Kaspersky hat heute ein erstes «Transparenzzentrum» in Zürich eröffnet.
- Nutzerdaten europäischer Anwender werden ab sofort in der Schweiz gespeichert und verarbeitet.
- Zuvor war Kaspersky stark unter Beschuss. Der Firma wurde zu wenig Distanz zur russischen Regierung vorgeworfen.
- Immer mehr westliche Staaten verboten aus Angst vor Spionage ihren Behörden, Kaspersky Software zu verwenden.
Bis zu 350'000 neue Viren entstehen laut einer Branchenschätzung pro Tag. Immer mehr Geräte, immer neue Formen der Bedrohung tauchen auf. Programme von Kaspersky sollen dagegen helfen. Eine russische Firma zu sein, sei von grossem Vorteil, erklärt Firmengründer Eugene Kaspersky nicht ohne Ironie: «Russische Software-Ingenieure sind die Besten. Russische Cyberkriminelle sind die Schlimmsten. Wir sind die Ersten, die die hochprofessionelle Cyberkriminalität beobachten können, weil russische Cyberkriminelle sich als erstes russische Opfer suchen.»
Vertrauen ist bei Herstellern von Anti-Viren-Programmen oberstes Gut. Denn wer ein solches Programm installiert hat, transferiert unweigerlich persönliche Daten zur Firma. Das Vertrauen in die russische Anti-Viren Firma Kaspersky ist angeschlagen, seit der Vorwurf im Raum steht, die Firma habe zu wenig Distanz zur russischen Regierung. Kaspersky reagiert prompt und wagt dabei die Flucht nach vorn.
Keine Daten mehr in Russland
Um die Daten ihrer Kunden auf schädliche Software zu scannen, müssen diese zwischengelagert werden. Diese Daten werden in Zukunft vermehrt im Ausland, nahe bei den Kunden, gelagert. Heute hat die Firma in Zürich ein erstes solches Datenzentrum in Glattbrugg eingeweiht. Autorisierten Partnern gewährt Kaspersky in diesem Transparenzzentrum einen Einblick in den Quellcode der eigenen Produkte. Dies ist auch Teil der Transparenzstrategie.
Kaspersky wolle vom Schweizer Image der Neutralität profitieren, erklärt die Europachefin Ilijana Vavan: «Unsere Daten sind auch jetzt sehr sicher. Aber jetzt möchten wir allen, die einer russichen Firma nicht vertrauen wollen zeigen: Unsere Daten sind auch nicht in Russland, sie sind in der Schweiz.»
Schweiz ist beliebter Standort
Immer mehr international tätige Firmen lagern ihre Daten in der Schweiz, sagt IT-Experte der Fachhochschule Nordwestschweiz, Hannes Lubich: «Die Schweiz hat eine hohe Standortsicherheit, eine hohe Versorgungssicherheit. Die politische, wirtschaftliche Situation ist stabil. Auf der anderen Seite profitieren die Firmen, die in die Schweiz kommen, vom guten Ruf der Schweiz und haben einen dichteren Zugang zu den Kunden, die in der Schweiz sind.»
Keine Datenpakete zur Verarbeitung mehr ins Ausland schicken müssen – darüber dürften sich einige Kunden freuen. In Zeiten der Angst vor Datenklau und Cyberkriminalität sicher keine schlechte Strategie. Ob die Daten in der Schweiz vor Hackerangriffen besser geschützt sind, wird sich zeigen.