Darum geht es: Die Europäische Union, die USA, China und auch Japan buhlen darum, dass sich sogenannte grüne Industriezweige auf ihren Gebieten ansiedeln. Die USA wollen fast 370 Milliarden Dollar an Subventionen und Steuererleichterungen für Unternehmen im Bereich grüner Technologien zur Verfügung stellen. Auch China und Japan haben Investitionen in dreistelliger Milliardenhöhe angekündigt.
Nun hat die EU-Kommission ihr Industrieförderpaket präsentiert: das sogenannte «Netto-Null-Gesetz». Einerseits will die EU damit klimafreundliche Technologien fördern, um bis 2050 klimaneutral zu werden. Es soll also nur noch so viel CO2 ausgestossen werden, wie auch absorbiert wird. Anderseits ist das Gesetz aber auch die Antwort der EU auf die Industrieförderprogramme in anderen Weltregionen.
Das schlägt die EU-Kommission vor: Die EU will Industriezweige fördern, die sie auf dem Weg zur Klimaneutralität als entscheidend ansieht. Dazu gehören etwa die Produktion von Solarzellen, Windkraftanlagen, Wärmepumpen oder Batterien. In diesen Bereichen sollen unter anderem schnellere Genehmigungsverfahren gelten. Auch die nukleare Energiegewinnung soll gefördert werden – sofern es sich um modulare Kleinreaktoren oder andere «fortschrittliche Technologien» handelt. Die 27 EU-Staaten und das Europaparlament müssen nun eine endgültige Fassung des Gesetzesvorhabens aushandeln. Bereits in der vergangenen Woche hat die EU zudem die Subventionsregeln für grüne Industriezweige gelockert – befristet bis 2025.
Droht ein Subventionswettlauf? Vor allem kleinere EU-Staaten befürchten, dass von lockereren Subventionsregeln vor allem grosse Länder wie Deutschland oder Frankreich profitieren, da diese mehr Geld als kleine Staaten investieren könnten. Das könnte dazu führen, dass es nicht nur zwischen den USA, China und der EU zu einem Wettlauf um die Ansiedlung von Cleantech-Unternehmen kommt, sondern dass dieser auch innerhalb der EU zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten verstärkt wird. Es droht eine Verzerrung des europäischen Binnenmarkts
Zwar könnte ein sogenannter europäischer Solidaritätsfonds solchen Verzerrungen entgegenwirken. Die Kommission will bis zum Sommer konkrete Vorschläge für einen solchen Fonds präsentieren. Die entscheidende Frage: Woher kommt das Geld? Eine Möglichkeit wäre, dass die Staaten ihre Beiträge ans EU-Budget erhöhen. Vor allem aber steht die Idee im Raum, einen solchen Fonds durch die Aufnahme gemeinsamer EU-Schulden zu finanzieren – so, wie es die EU beim Corona-Wiederaufbaufonds getan hat. Allerdings war die Aufnahme gemeinsamer Schulden für viele EU-Staaten lange ein Tabu, sie wollen dieses Tabu nicht schon wieder brechen. Es ist daher fraglich, ob die Aufnahme neuer Schulden die Zustimmung der Mitgliedstaaten finden würd