Die Google-Angestellten wehren sich gegen eine allfällige Expansion nach China. Am Freitag überreichten sie der Konzernleitung einen Protestbrief. Zurzeit ist Google im grossen Markt China gesperrt. Nun spielt Google mit dem Gedanken, die Zensurvorgaben zu akzeptieren. Einschätzungen zum möglichen Kotau des Suchmaschinen-Giganten vor Peking von SRF-Digitalredaktor Peter Buchmann.
SRF News: Was erhofft sich der Google-Konzern von einer Rückkehr nach China?
Peter Buchmann: China ist tatsächlich der grösste Markt, was die Zahl der Internetnutzer betrifft. Fast 800 Millionen Menschen haben Zugang zum Internet, mehr als die Zahl der Nutzer in den USA und Europa zusammen. Auch wenn die Kaufkraft der chinesischen Konsumenten nicht jener der Menschen im Westen entspricht, ist China ein attraktiver Markt. Und zwar auch für andere Internetkonzerne wie Facebook oder Twitter, die ebenfalls aus dem chinesischen Markt ausgesperrt sind.
China hat zensurierte Suchmaschinen wie beispielsweise Baidu. Welche Chancen hat Google überhaupt?
Das ist schwierig abzuschätzen. Google äussert sich offiziell nicht zu den Plänen. Einerseits hat Google tatsächlich harte Konkurrenz in China. Diese hat jahrelang davon profitiert, dass Google und andere westliche IT-Konzerne abwesend waren. Anderseits hat Google sehr grosse Erfahrung mit Suchmaschinen und verfügt weltweit über eine gigantische technische Infrastruktur. In einem Schreiben wies Google-CEO Sundar Pichai darauf hin, das Projekt noch in einer sehr frühen Phase und nicht wirklich spruchreif sei. Er spricht von einem Forschungsprojekt. Es ist gut denkbar, dass die Google-Führung genau solche Abwägungen auch vornimmt.
Haben die Google-Angestellten überhaupt eine Chance mit ihrem Protest?
Die Google-Mitarbeitenden protestieren nicht das erste Mal wegen moralischer und ethischer Bedenken. Im April äusserten sie sich kritisch zu einem Auftrag des Pentagons. Die Mitarbeiter wollten nicht an Software arbeiten, die für etwas gebraucht wird, bei dem sie nicht dahinterstehen können. Google muss die Bedenken ernst nehmen, denn das Unternehmen ist auf die hochtalentierten Spezialisten angewiesen. Vereinzelten Mitarbeitende kündigten wegen des Pentagon-Auftrags, worauf sich Google vom Projekt zurückgezog.
Das Unternehmen ist auf die hochtalentierten Spezialisten angewiesen.
Google muss also versuchen, den Konflikt mit den Angestellten zu lösen. Das ist sicher keine leichte Aufgabe. Aber Google kämpft nun wirklich nicht ums Überleben und kann es sich leisten, auf gewisse Projekte zu verzichten.
Das Gespräch führte Joël Hafner.