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Landwirtschaftszölle Nicht einmal Trump zwingt Schweizer Bauern in die Knie

Die Landwirtschaft ist durch Zölle geschützt. Das soll laut Bauernvertretern so bleiben, US-Machtspiele hin oder her.

Die Ausgangslage: Die Beerensaison hat begonnen. Das heisst auch: Erdbeeren, Himbeeren und Co. aus dem Ausland werden in der Schweiz nun sehr viel teurer. Die Schweiz schützt ihre Agrarprodukte einerseits durch solche Zölle. Gleichzeitig gibt es Kontingente. Das sind Beschränkungen der Importmenge, innerhalb derer wenige oder keine Zölle entrichtet werden müssen. Agrarzölle haben im Parlament grosse Rückendeckung: Seit den letzten Parlamentswahlen 2023 sind 50 Mitglieder des Nationalrats Bäuerinnen und Bauern oder bauernnah. Im Bundesrat haben vier von sieben einen landwirtschaftlichen Hintergrund.

Äpfel in Kisten
Legende: Strenge Einfuhrregeln: Wenn ein Schweizer Produkt seine Hauptabsatzzeit hat, wird die ausländische Konkurrenz teuer. Keystone/GAETAN BALLY

Die Forderung: Liberale Stimmen verlangen Veränderung. Nur so könne die Schweiz zu einer nachhaltigen Vereinbarung mit den USA kommen. So wollen die Jungfreisinnigen, dass die Schweiz ihre hohen Landwirtschaftszölle schrittweise abbaut. Sie seien laut einem NZZ-Interview mit Präsident Jonas Lüthy «überholt und schädlich für die Wirtschaft». Auch Avenir Suisse schlägt vor, dass «überhöhte Spitzenzölle abgebaut» und «ungenutzte Kontingente gestrichen» werden. Die Schweiz sei bei der Landwirtschaft eine «Zollfestung». Laut WTO lag der durchschnittliche Agrarzoll 2023 bei 24.8 Prozent (im Vergleich: EU 8.4 Prozent, USA 4.0 Prozent).

Die Gegenwehr: Der Bauernverband hält wenig von diesen Forderungen. Direktor Martin Rufer sagt: «Donald Trump hat die Zölle aufgrund des Aussenhandels­bilanzdefizits berechnet, und daran trägt die Landwirtschaft keine Schuld.» Konzessionen bei Produkten, die die Schweiz selbst produziere, kämen wegen der Versorgungssicherheit nicht infrage. Bei etwa Orangen, Mango oder Avocado – die ohnehin nicht in der Schweiz kultiviert werden – wäre der Verband kompromissbereiter. Auch Martin Keller, Chef der Agrargenossenschaft Fenaco, verteidigt im «Tages-Anzeiger» die Landwirtschaftszölle: «Es handelt sich um ein langjähriges Erfolgsrezept, das nun nicht leichtfertig geopfert werden darf. Denn niemand weiss, was Donald Trump künftig für Launen haben wird.»

Die Ausscherer: Im Bio-Sektor ist man anderer Meinung. «Wir sind nicht gegen Importe», sagte Bio-Suisse-Chef Urs Brändli in der «Neuen Zürcher Zeitung». Er habe keine Angst. «Ein paar Konsumenten mögen sich über amerikanisches T-Bone-Steak freuen, ich bin mir nicht sicher, ob das amerikanische Produkt hier auf eine grosse Nachfrage stossen würde. Schon gar nicht bei unserer Bio-Kundschaft.»

Die Aussicht: SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher glaubt, die Schweiz könne die Landwirtschaft weiterhin aus den Verhandlungen mit den USA ausklammern. Sie ist der Ansicht, jetzt sei der Moment gekommen, ein Freihandelsabkommen mit den USA in Angriff zu nehmen. 2006 brach der Bundesrat die Verhandlungen ab. «Das wäre für die Schweiz das Wichtigste, und ich glaube, mit Donald Trump könnte man es machen», sagt sie im «Eco Talk» vom 19. Mai. Andere Stimmen halten den Zeitpunkt angesichts eines unberechenbaren US-Präsidenten für, gelinde gesagt, nicht ideal. Auch Bundesrat Guy Parmelin hatte sich im April in der «SonntagsZeitung» dahingehend geäussert. Gleichzeitig gibt die US-Regierung zu verstehen: Wer nicht «in gutem Glauben» verhandle, falle wieder auf das Niveau vom 2. April zurück.» Für die Schweiz hiesse das: 31 Prozent Zoll auf alle Güter.

Tagesschau, 19.5.2025, 19:30 Uhr ; 

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