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Lohndiskriminierung im Fokus Positive Signale zur Lohngleichheit aus der Finanzbranche

  • Als erstes Schweizer Finanzunternehmen erhält Zurich Schweiz das mittlere Label der renommierten Edge-Stiftung – für ihre Anstrengungen im Bereich Lohngleichheit.
  • Die nicht erklärte Differenz zwischen den Löhnen von Männern und Frauen beträgt bei der Versicherungsgesellschaft weniger als drei Prozent.
  • Doch nicht nur bei Zurich, sondern auch in der Finanzbranche insgesamt bewegt sich etwas in Sachen Gleichstellung.

Die Finanzindustrie hat nicht den besten Ruf, wenn es um Lohngleichheit und Frauenförderung geht. Das zeigt ein Blick in die Schweizerische Lohnstrukturerhebung. Fast 14'000 Franken pro Jahr verdienen Männer bei Banken und Versicherungen mehr als ihre Kolleginnen – für die gleiche Arbeit mit gleicher Qualifikation in der gleichen Position.

Viele Institute wollen gegen aussen ein Zeichen setzen und strengen sich an, auch Arbeitgeber für Frauen zu werden.
Autor: Gudrun Sander Gender und Diversity Management, Universität St. Gallen

Die hohen Lohnunterschiede hätten viel mit der traditionell männlich geprägten Kultur in der Finanzindustrie zu tun, sagt Gudrun Sander, Spezialistin für Gender und Diversity Management an der Universität St. Gallen: «Die Kultur hat sich so etabliert, dass viele Männer zusammenarbeiten. Wenn jetzt mehr Frauen dazustossen, ist es zuerst einmal eine Herausforderung die Kultur anzupassen. Und da hat die Finanzbranche gewisse Herausforderungen zu meistern.»

Sander beobachtet einen gewissen Sinneswandel in der Branche. Viele Institute wollten gegen aussen ein Zeichen setzen und strengten sich an, auch Arbeitgeber für Frauen zu werden, nicht zuletzt auch die beiden Grossbanken UBS und Credit Suisse: «Sie haben verschiedenste Initiativen und eigene Programme zum Beispiel für Wiedereinsteigerinnen. Solche Veränderungen sind auf die strategische Agenda gerückt.»

Internationaler Einfluss mit positiver Wirkung

Die Lohnungleichheit wird am schärfsten von den Gewerkschaften angeprangert. Aber auch Valérie Borioli-Sandoz vom Gewerkschaftsdachverband Travail Suisse räumt ein, dass ein Kulturwandel im Gang sei. Ein Grund dafür sei die zunehmend internationale Belegschaft bei Banken und Versicherungen: «In diesem Bereich gibt es viele ausländische Arbeitskräfte. Im Ausland ist die Kultur ein wenig anders. Sie kommen zum Teil aus Ländern mit einem positiven Ansatz für Lohngleichheit. Das zeigt schon eine Wirkung.»

Es braucht regelmässige und verbindliche Lohnkontrollen per Gesetz.
Autor: Valérie Borioli-Sandoz Gewerkschaftsdachverband Travail Suisse

Freiwillige Massnahmen zur Angleichung der Löhne nach dem Vorbild von Zurich Schweiz begrüsst die Gewerkschafterin. Doch das alleine reiche nicht. Denn auch wenn sich viele Unternehmen die Lohngleichheit auf die Fahne schrieben, bleibe es zu oft bei reinen Lippenbekenntnissen: «In einer Studie des Centre Patronal sagten drei Viertel der Unternehmen, dass sie die Lohngleichheit respektierten. Aber nur ein Drittel hat dies wirklich verifiziert.»

Travail Suisse beharrt deshalb auf einer gesetzlichen Verankerung von regelmässigen und verbindlichen Lohnkontrollen. Das will auch der Bundesrat. Er schlägt im Rahmen des neuen Gleichstellungsgesetzes vor, dass Firmen ab 50 Mitarbeitenden alle vier Jahre Lohnanalysen durchführen. Die Vernehmlassung läuft.

Arbeitgeberverband will keine staatlichen Lohnkontrollen

Widerstand kommt nicht zuletzt vom Arbeitgeberverband. Dort heisst es, die statistischen Auswertungen des Bundes in Sachen Lohndiskriminierung seien unzureichend. Ein staatlicher Eingriff in die Lohnpolitik der Unternehmen sei deshalb nicht gerechtfertigt.

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