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Weltweiter Magnesium-Mangel
Aus Rendez-vous vom 29.10.2021. Bild: Keystone
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Magnesium-Mangel Neues Problem bei der Produktion von Autos und Zügen

Für die Herstellung von Aluminium braucht es Magnesium – doch dieses fehlt in Europa. Man hat sich zu stark auf China verlassen.

Wenn Magnesium fehlt, stehen viele Fliessbänder still, weil gewisse Aluminium- und Eisenlegierungen nicht mehr hergestellt werden können, wie der Materialwissenschaftler Marcel Menet erklärt. Er leitet den Verband der Alu-Branche und Giessereien in der Schweiz. Magnesium erst macht Alu-Bleche, -Rohre, -Stangen oder -Profile stabil und langlebig, so wie die Industrie sie braucht.

Eigentlich gibt es genug Magnesium

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Legende: Keystone

Das Metall Magnesium ist eigentlich kein seltener Rohstoff. Es gibt genug davon in der Erdkruste. Trotzdem haben Schweizer und europäische Industriefirmen plötzlich zu wenig davon. Weil es Magnesium zwingend braucht für die Herstellung von Aluminium, ist die Produktion von Autos, Flugzeugen, Zügen, Velos, Maschinen, Gebäuden, Verpackungen plötzlich akut bedroht. Pro Jahr braucht die weltweite Industrie 1.2 Millionen Tonnen Magnesium. Im Vergleich zu anderen Rohstoffen ist das wenig.

Doch jetzt fehlt Magnesium in ganz Europa oder ist nur noch zu Wucherpreisen erhältlich: Statt 2000 Dollar pro Tonne sind es seit kurzem 10'000 bis 14'000 Dollar. Die Lage sei ernst, sagt Menet: «Viele Firmen halten keine grossen Lager mehr, die Vorräte sind schnell aufgebraucht.» Menets Verband rechnet damit, dass die Lagerbestände in der Schweiz Ende Jahr verbraucht sind.

Europa vollkommen abhängig von China

In Europa sei das vorrätige Magnesium sogar schon Ende November aufgebraucht, sagt Markus Jäger vom deutschen Bundesverband Metall, der 34'000 Firmen vertritt. «Die Liefersituation sieht derzeit schlecht aus.» Jäger rechnet wegen des Magnesiummangels ab Anfang 2022 mit Aluminium-Engpässen. Das schadet auch jenen Schweizer Firmen, die Alu-Teile aus Europa beziehen, um sie weiter zu bearbeiten. In vielen Firmen drohe der Stillstand, warnt Jäger.

Die Liefersituation sieht derzeit schlecht aus.
Autor: Markus Jäger Deutscher Bundesverband Metall

Der Grund für das bedrohliche Szenario: Europa bezieht 95 Prozent des Magnesiums aus China. Weil die Produktion von Magnesium aber enorm viel Energie frisst und China Strom sparen muss, hat Peking mehr als die Hälfte der Magnesium-Produktionen vorübergehend abgestellt. Der Rest läuft nur noch mit halber Kraft.

Etwas lakonisch stellt Jäger fest: «Lieferketten, die sich ausschliesslich auf ein Land stützen, sind auch anfällig dafür, dass sie ausfallen können.»

Europa muss mittelfristig unabhängiger werden

Dass Europa heute fast total von der chinesischen Magnesium-Produktion abhängig sei, daran sei Europa auch selber schuld, sagt Materialwissenschafter Menet. Denn Europa habe 2001 die letzte Magnesium-Produktion stillgelegt, als China mit Dumpingpreisen den Weltmarkt eroberte. «Die Europäer konnten nicht mehr mithalten und mussten ihre Werke schliessen.» Etwas besser geht es den USA: Sie haben mit US-Magnesium noch einen Produzenten.

Wir müssen auch energieintensive Produktionsprozesse bei uns in Europa halten.
Autor: Marcel Menet Leiter des Verbands der Alu-Branche Schweiz

Dabei widerspiegle das Magnesium ein verbreitetes Problem Europas, so Menet. Man verschiebe energieintensive Produktionsprozesse ins Ausland und beziehe die Ware dann von dort – was aber eine Abhängigkeit bedeute. Darum: «Wir müssen auch energieintensive Produktionsprozesse bei uns in Europa halten.» Zumal die Energiewende dazu führen sollte, dass Europa in Zukunft sauberen Strom zur Verfügung habe.

Auch Marcel Menet hält es für langfristig richtig, Rohstoffproduktionen wie jene von Magnesium zurück nach Europa zu holen. Doch das brauche Zeit und sei gar nicht so einfach.

Tausende Arbeitsplätze in der Schweiz bedroht

Kurzfristig kann jetzt nur die europäische Politik das Schlimmste verhindern. Brüssel mache in Peking Druck, die Magnesium-Werke wieder anzuwerfen, heisst es bei den Verbänden. Gelingt dies nicht, stehen in vielen Firmen bald Förderbänder still.

Der Schweizer Alu-Verband warnt deshalb jetzt vor Firmenpleiten. Direkt betroffen wären bei uns 8000 Mitarbeitende der Aluminium- und Giesserei-Industrie. Indirekt wären es noch viel mehr.

Rendez-vous, 29.10.2021, 12:30 Uhr

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