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Masseneinwanderungsinitiative «Die Botschaft ist angekommen»

Nach dem Ja zur Zuwanderungsinitiative versprach der Arbeitgeberverband, dass man den Volksentscheid ernst nehme und das Inländerpotenzial besser nutzen wolle. Drei Jahre später sagt Arbeitgeberverbandsdirektor Roland Müller: «Auch wenn nicht alles sichtbar ist: Die Arbeitgeber engagieren sich.»

Roland Müller

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Legende: Keystone

Der 53jährige Müller ist seit 2013 Direktor des Arbeitgeberverbandes. Er ist ausgebildeter Jurist und parteilos.

SRF News: Sie selbst haben nach der Abstimmung vor drei Jahren die Wirtschaft dazu aufgerufen, das Inländerpotenzial besser zu nutzen. Wie steht es nun um die Bemühungen der Unternehmen?

Roland Müller: Mit dieser der dreijährigen Diskussion über die Zuwanderung und die Befindlichkeit der Schweiz ist die Botschaft auch bei den Arbeitgebern angekommen. Sie engagieren sich verstärkt dort, wo Potenzial besteht. Dabei geht es um Pensenerhöhungen und Förderung des Wiedereinstiegs von Frauen, Beschäftigung von älteren Arbeitnehmern oder auch um die mögliche Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt.

Die Arbeitgeber tun selber gut daran, dass sie ihre offenen Stellen besetzen können. Wir haben ja auch in vielen Teilen der Wirtschaft einen Fachkräftemangel und müssen dafür Sorge tragen, dass diese Arbeitsplätze in der Schweiz bleiben. Vielleicht sind diese Bemühungen vielleicht in der Öffentlichkeit nicht so bekannt, aber auch die Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) bestätigen Fortschritte. Es gibt eine wachsende Erwerbsbeteiligung von Jüngeren, bei über 55-Jährigen, aber auch im Segment der Älteren. Es gibt also viel guten Willen und Erfolge, womit Gesetzesanpassungen überflüssig sind.

Wir gehen davon aus, dass die Zuwanderung zurückgehen wird.

Sie haben sich als Verband für den «Inländervorrang light» eingesetzt, ähnlich wie er jetzt umgesetzt wird. Kritiker bezeichnen ihn als zahnlos.

Ich glaube an den Erfolg. Die Begründungspflicht hingegen, also wenn Arbeitgeber argumentieren müssten, warum sie einen Bewerber nicht einstellen, wäre zu weit gegangen. Der bürokratische Aufwand wäre zu hoch gewesen. Wir müssen nun die Stellenvermittlungen über die regionalen Arbeitszentren fördern. Dazu muss man auch am System arbeiten: die Zuweisungen von Arbeitsuchenden müssen rascher, effizienter und passgenau geschehen. Wenn das funktioniert, sind wir auf dem richtigen Weg. Wir gehen davon aus, dass auch die Zuwanderung zurückgehen wird, wenn die Stellen bevorzugt mit Inländern besetzt werden und infolge dessen weniger Leute aus dem Ausland rekrutiert werden müssen.

«Inländervorrang light»

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Mit dem «Inländervorrang light» werden die Arbeitgeber verpflichtet werden, gewisse offene Stellen zuerst den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) zu melden. Weitergehende Ideen wie eine Pflicht, Bewerber zu einem Bewerbungsgespräch einzuladen sowie eine Begründungspflicht bei einer Absage wurden verworfen.

Der «Inländervorrang light» wird erst umgesetzt. Was haben Sie konkret bereits gemacht?

Nehmen Sie die Plattform «compasso» – ein Beratungsportal für Arbeitgeber. Darauf gibt es Hilfestellungen wie man gesundheitlich beeinträchtigte Arbeitnehmer unterstützen kann, damit sie ihre Stelle nicht verlieren. Es geht auch um die Wiedereingliederung von Leuten, die aus dem Arbeitsmarkt ausgeschieden sind. Ein anderes Beispiel ist unsere Initiative zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Daraus sind politische Forderungen entstanden, etwa nach Steuerabzügen für die Betreuung oder Einführung von Tagesstrukturen. Auch die gesamte Fachkräfteinitiative des Bundes zielt darauf, die Arbeitgeber dafür zu sensibilisieren, wie man das inländische Potenzial besser nutzen kann. Auch da haben wir mitgearbeitet.

Und wie kann man noch mehr tun?

Mann kann, soll und wird mehr tun. Es gibt nicht nur das Thema Zuwanderung, dazu kommt die Demografie-Thematik. Der Anteil älterer Menschen in unserem Land nimmt laufend zu und wird sich in den nächsten Jahren noch beschleunigen. Das wird dazu führen, dass wir vermehrt Stellen mit Personen auch über das ordentliche Pensionsalter hinaus besetzen müssen. Bei den Frühpensionierungen etwa wird es sich so auswirken, dass sich dieses Alter eher nach oben verschiebt. Und: Wir sind natürlich darauf angewiesen, dass die Leute auch länger arbeiten wollen.

Es stimmt nicht, dass ältere Arbeitnehmer häufiger entlassen werden

Aber gerade wenn ältere Arbeitnehmer ihre Arbeit verlieren, haben Sie es schwer, eine neue Stelle zu finden. Bräuchte es nicht verbindliche Massnahmen, damit die Arbeitgeber dieses Potenzial nutzen?

In der Schweiz hat sich der flexible Arbeitsmarkt bewährt. Aber die Rahmenbedingungen müssen alle diese Entwicklungen ermöglichen. Wichtig ist deshalb auch die aktuelle Reform der Altersvorsorge und besonders die Möglichkeit des flexiblen Rentenbezugs zwischen 62 und 70. Anders gesagt: Wir müssen alle diese Stellschrauben so einstellen, dass die Beschäftigung flexibler möglich wird. Hier muss man auch über tiefere Lohnnebenkosten für Ältere diskutieren.

Es ist im Übrigen nicht so, dass ältere Arbeitnehmer häufiger entlassen werden. Da besteht manchmal ein falscher Eindruck in der Öffentlichkeit, denn die Statistiken sprechen eine andere Sprache. Jedoch ist richtig, dass man länger eine Arbeit sucht, wenn man in fortgeschrittenem Alter seine Stelle verliert. Da müssen wir etwas tun und mit Standortgesprächen bereits während des Arbeitsverhältnisses sowie mit Weiterbildungs- und Umschulungsmassnahmen ansetzen. Ein weiterer Grund dafür ist, dass Ältere aufgrund ihrer Karriere einen höheren Lohn haben und verständlicherweise, aber oft zu lange auf dem gleichen Lohnniveau suchen. Hier sollte die Bereitschaft wachsen, auch Stellen mit einem etwas tieferen Lohnniveau als die frühere Stelle anzutreten.

Die Bereitschaft, für einen niedrigeren Lohn zu arbeiten?

Es geht nicht darum, Löhne zu drücken. Das wäre völlig falsch verstanden. Wir stellen aber fest, dass die Flexibilität mit zunehmendem Alter eingeschränkt ist, weil sich die Lohnentwicklung an den Lebensaltersjahren ausrichtet. Es geht also um Umschulungen oder einen möglichen Branchenwechsel, kurz: um die Bereitschaft, auch eine andere Tätigkeit anzunehmen.

Unsere Berechnungen zeigen: Im Jahr 2035 müssen wir bis 66 arbeiten.

Sie haben auch die Notwendigkeit der Flexibilisierung des Rentenalters angesprochen. Oder fordern Sie gar eine Erhöhung?

Diese Frage ist eine zweiseitige. Zum einen werden wir in absehbarer Zeit demografisch darauf angewiesen sein, dass die Menschen bereit sind, länger zu arbeiten. Zum anderen stellt sich bei den Sozialwerken die Frage nach deren Finanzierung. Denn die Sozialwerke sind in einer strukturellen Schieflage. Irgendwann werden wir auch darum länger arbeiten müssen. Die aktuelle Rentenreform berücksichtigt dies noch nicht, aber unsere Berechnungen zeigen, dass man etwa ab dem Jahr 2035 bis 66 arbeiten müsste.

Das Interview führte Adrian Ackermann.

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