Zum Inhalt springen

Massentourismus: neuer Rekord Spanien – bald das meistbesuchte Land der Welt?

Dieses Jahr werden 100 Millionen Touristen erwartet, doppelt so viele, wie Spanien Einwohner hat.

Neuer Touristenrekord erwartet: Dieses Jahr könnten über 100 Millionen Touristen Spanien besuchen, so eine Schätzung der Nachrichtenagentur AP. Spanien könnte damit Frankreich als meistbesuchtes Land der Welt ablösen. Letztes Jahr war Spanien mit 93.8 Millionen Touristen noch auf dem zweiten Platz, hinter Frankreich mit 100 Millionen. Die Touristenströme bringen zwar Geld und Arbeitsplätze, verschärfen aber auch die Wohnkrise.

Die Millionen von Touristen werden zum Problem, das die spanische Regierung nicht mehr länger ignorieren kann.
Autor: Carlos Cuerpo Spanischer Wirtschaftsminister

Touristen verdrängen Spanier aus Wohnungen: Zehntausende Spanier gingen in den letzten Monaten auf die Strasse, um gegen den Massentourismus zu demonstrieren. Denn Wohnungen werden lieber auf Plattformen wie Airbnb angeboten, anstatt sie an die Bevölkerung zu vermieten. Landesweit fehlen eine halbe Million bezahlbare Wohnungen, teilt die spanische Zentralbank mit. Gleichzeitig wird die Zahl der Airbnb-Wohnungen in Spanien von den lokalen Behörden auf mehr als 400'000 geschätzt. Auf Ibiza, Mallorca und in den grossen Städten wie Madrid und Barcelona können sich die Einheimischen immer seltener eine Wohnung leisten. Deshalb sagt Carlos Cuerpo, der spanische Wirtschaftsminister, in einem Interview mit der AP: «Die Millionen von Touristen werden zum Problem, das die spanische Regierung nicht mehr länger ignorieren kann.»

Was die spanische Regierung gegen den Tourismus unternimmt

Box aufklappen Box zuklappen
  • Airbnb einschränken: Die spanische Regierung verlangt von Airbnb, 65'000 Wohnungen von der Plattform zu löschen. Laut dem Magazin «Forbes» seien tausende bereits gelöscht worden. In den vergangenen Monaten hat Spanien insgesamt drei Anweisungen an die Airbnb-Europazentrale in Irland eingereicht, mit der Aufforderung, die illegalen Anzeigen zu entfernen. Es geht um Inserate in den Regionen Madrid, Andalusien, Katalonien, Valencia, den Balearen und dem Baskenland. Airbnb hat Berufung eingelegt.
  • Kurtaxen: Diese werden in ganz Spanien eingeführt. So müssen zum Beispiel in Barcelona Touristen je nach Unterkunftsart eine Steuer von etwa 3.25 Euro pro Nacht zahlen. Bei vier Ferientagen kann ein Tourist bis zu 13 Euro Steuern zahlen.
  • Besucherbeschränkungen: An wichtigen Touristenorten und Weltkulturstätten führt Spanien Besucherbeschränkungen ein. Auf den Kanarischen Inseln müssen Besucher zum Beispiel Tickets im Voraus buchen, um kulturelle Sehenswürdigkeiten zu besuchen.
  • Sind Schweizer Touristen ein Teil des Problems? Die Sommerferien haben noch nicht einmal richtig angefangen, und schon jetzt sind über eine halbe Million Menschen aus der Schweiz nach Spanien gereist. Allein von Januar bis April waren es rund 620'000 Schweizer Touristen. Das teilt das spanische Ministerium für Tourismus auf Anfrage von Radio SRF mit. Das sind 80'000 Touristen mehr als im vergangenen Jahr.

    Weder die spanische Regierung noch das Tourismusministerium bekämpfen den Tourismus.
    Autor: Ignacio Segurado Lopez Mediensprecher des spanischen Ministeriums für Tourismus

    Tourismus hat für Spanien auch gute Seiten: Aktuell macht der Tourismus offiziellen Zahlen zufolge rund 14 Prozent der spanischen Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandprodukt, BIP) aus. Der Tourismus schaffe Arbeitsplätze und sei einer der wichtigsten Wirtschaftsmotoren im Land, so das Ministerium für Tourismus. Die spanische Wirtschaft ist letztes Jahr um 3.2 Prozent gewachsen und damit deutlich besser dran als der Durchschnitt in der Eurozone (+0.9 Prozent). «Weder die spanische Regierung noch das Tourismusministerium bekämpfen den Tourismus», teilt Ignacio Segurado Lopez, Mediensprecher des spanischen Tourismusministeriums, gegenüber Radio SRF mit. Der Tourismus werde lediglich mit einer Politik geregelt, die auf eine ganzheitliche Umgestaltung des Sektors im Interesse der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit abziele. Das geht Ibiza und Mallorca aber zu wenig weit.

    Bis zu 3000 Euro Busse auf Mallorca

    Box aufklappen Box zuklappen

    Diesen Sommer führt Mallorca neue Strafen gegen den ausufernden Party-Tourismus ein, wie der Blick zuerst berichtete.

    750 Euro bei leichten Verstössen:

    • Einkäufe bei illegalen Strassenhändlern
    • Nacktheit, oben ohne durch die Stadt gehen
    • Alkoholkonsum auf öffentlichen Strassen oder Stränden
    • Wildpinkeln
    • Störende Benutzung von Lautsprechern am Tag

    1500 Euro bei schweren Verstössen:

    • Baden bei roter Flagge oder in gesperrten Bereichen
    • Sprünge von Balkonen
    • Abfall liegen lassen
    • unerlaubtes Campen
    • Einsatz von Laserpointern

    3000 Euro bei sehr schweren Verstössen:

    • diskriminierendes Verhalten
    • gefährdende Massenbesäufnisse

    Autoverbot auf Ibiza: Die spanische Insel Ibiza begrenzt die Zahl der Autos und Wohnwagen für Touristen. Vom 1. Juni bis zum 30. September sollen Nichtansässige insgesamt maximal 20'000 Fahrzeuge benutzen dürfen. Und um Ibiza mit dem Auto zu erreichen, braucht es eine Genehmigung, die einen Euro pro Tag kostet. Wohnwagen müssen eine Camping-Reservierung vorweisen, bevor sie die Insel befahren. «Wild campen» oder parken am Strassenrand ist nicht mehr möglich. Damit möchte Ibiza gegen den Übertourismus vorgehen: Auf der Insel leben etwa 160'000 Einwohner, und pro Jahr besuchen drei Millionen Touristen Ibiza. Die Autobeschränkung soll die Verkehrsprobleme verringern und einen nachhaltigen Tourismus fördern. Auf Mallorca und den Balearen dürften laut Euronews ähnliche Vorschriften folgen.

    SRF 3 Wirtschaft, 11.6.2025, 7:40 Uhr; sten

    Meistgelesene Artikel