«Klimaneutral» ist das Wort der Stunde. Die Schweiz etwa setzt sich das hehre Ziel bis 2050, die EU ebenfalls. Einzelne Staaten gehen noch weiter. Doch nicht nur die Politik schreibt sich auf die Fahne, unter dem Strich kein CO2 auszustossen. Die Formel 1 etwa will bis 2030 CO2-neutral werden – und damit von ihrem Ruf als Klimasünder loskommen.
Und auch in der Wirtschaft ist man hellhörig geworden. Der Nahrungsmittelkonzern Nestlé hat am Donnerstag bekanntgegeben, bis 2025 zwei Milliarden Franken in nachhaltige Verpackungen zu investieren.
Microsoft allerdings setzt jetzt noch einen drauf: Der Softwaregigant hat in dieser Nacht eine grossangelegte Klimainitiative angekündigt: Er strebt die «Klima-Negativität» an. Spätestens bis 2030 wolle der Softwarekonzern der Atmosphäre mehr Kohlendioxid entziehen als man produziere, kündigte CEO Satya Nadella an.
Und bis 2050 wolle Microsoft all den Kohlenstoff aus der Umwelt entfernen, den das Unternehmen seit seiner Gründung im Jahr 1975 entweder direkt oder durch den Stromverbrauch verursacht habe.
Nadella räumte ein, dass es noch keine Verfahren gebe, um der Atmosphäre sehr grosse Mengen an CO2 zu entziehen. Deshalb werde Microsoft einen Fonds in Höhe von einer Milliarde Dollar auflegen, um die Entwicklung von Techniken und Methoden zu fördern, mit denen man «CO2-negativ» werden könne.
Das Unternehmen werde dabei auf ein Portfolio von Techniken setzen – darunter Wiederaufforstung, Kohlenstoffbindung im Boden, Bioenergie mit Kohlenstoffabscheidung und -speicherung sowie direkte Luftaufnahme.
«Es gibt bereits Technologien, um CO2 aus der Luft zu entfernen», erklärt Klaus Ammann, Klimaexperte von SRF. Etwa das Verfahren des Schweizer Unternehmens Climeworks, welches mit einer Art Staubsauger Luft ansaugt. «Offen ist, wie das CO2 im Boden gelagert werden kann. Zudem ist das Ganze noch sehr teuer», relativiert Ammann.
Happiges Preisschild
Eine Tonne CO2 aus der Luft zu holen, kostet nach dem Climeworks-Verfahren rund 600 Franken. Wenn Microsoft seinen CO2-Ausstoss so aus der Luft holen wolle, würde das «unendlich viel kosten», so Ammann.
Ist Microsofts Bekenntnis zum Klimaschutz also mehr als PR? «Es ist erst einmal ein grosses Versprechen. Ob der Konzern es halten kann, ist offen», sagt Ammann. Aber: Der öffentliche Druck auf Tech-Firmen wachse. So wollen auch Tech-Giganten wie Amazon oder Google klimaneutral werden.
Imagepflege oder Einsicht?
Doch auch das Klima-Bewusstsein nimmt zu: «Kürzlich haben Google-Mitarbeiter in einem offenen Brief vom eigenen Konzern gefordert, dass man nicht mehr mit Ölfirmen zusammenarbeitet», berichtet Ammann. Dass derzeit so viele Multis auf der grünen Welle reiten, habe aber sicher auch mit PR zu tun. Aber nicht nur.
So würden die Multis grüneres Verhalten langfristig durchaus als rentabel betrachten: «Sie wollen weiter wachsen und weiter Geschäfte machen – und wenn sie das wollen, müssen sie grüner wachsen.» Denn sie würden damit rechnen, dass der öffentliche Druck bestehen bleibe und sich CO2 verteuere, schliesst Ammann.