Crazy Rich Asians heisst ein Hollywood-Film der erst kürzlich in den Kinos lief. Er zeigt Singapur von seiner Champagner-Seite, eine Glitzerwelt, in der in jeder Garage ein Ferrari steht; jede Familie ein Hotel in London oder ein paar Wohnungen in einem der Hochhäuser Singapurs besitzt.
Jede Woche drei neue Milliardäre
Natürlich ist der Film eine überzeichnete Darstellung der Neureichen in Asien. Doch der Ansatz stimmt. Oder in den Worten von Jan Vonder Mühll, dem Chef der Kommunikationsabteilung der Schweizer Privatbank Julius Bär: «Die Musik spielt schon hier. Wir sagen, Asien ist unser zweiter Heimmarkt, das wird er sicher bleiben.»
Laut dem jüngsten Milliardärs-Reports der Beratungsfirma PwC und der Grossbank UBS, produziert Asien im Schnitt jede Woche mehr als drei Milliardäre. Der Reichtum schwillt rasant an. Heute leben bereits mehr Milliardäre in Asien als in den USA. Und im Kampf um die superreichen asiatischen Kunden spielen die Schweizer Banken ganz vorne mit.
«Das Risiko verteilen»
Julius Bär begann vor 18 Jahren mit 20 Angestellten in Singapur. Heute arbeiten über 1000 Leute für die Privatbank in Asien und verwalten ein Vermögen von ungefähr 100 Milliarden Franken. Wer bei Julius Bär sein Geld anlegen will, muss mindestens fünf Millionen Franken auf dem Konto haben.
Fast alle Kunden seien Unternehmer, sagt Mediensprecher Jan Vonder Mühll: «Viele jetzige Milliardäre oder auch Millionäre haben vor zwei Generationen noch sehr einfach gelebt. Die kennen die Erzählungen ihrer Eltern und sie wissen auch, dass nicht alle das grosse Los gezogen haben.» Die Kunden hätten ihr Vermögen primär im eigenen Unternehmen angelegt.
Aus Bankensicht heisst das: Die Kunden sind nicht diversifiziert, das bedeutet Risiko. «Und da kommen wir als Vermögensverwalter ins Spiel, indem wir sie beraten und unterstützen, ihre Risiken zu verteilen. Und sich vielleicht auf Nachfolgeregelungen vorzubereiten. Das kennen sie alles nicht, weil sie neu so reich sind.» Zudem gebe es in Asien nicht viele, die die Expertise hätten, sie in diesen Angelegenheiten zu beraten. «Weil das auch für die Region neu ist», erklärt Vonder Mühll
Jeder will ein Stück vom Kuchen
Die grösste Konkurrenz für Julius Bär in Asien sind deshalb nicht etwa asiatische Banken, sondern andere Schweizer Banken. Einige von ihnen kamen bereits vor Jahrzehnten in die Region, wie zum Beispiel die UBS. Mit ihr zog auch der heute 64-jährige Banker Rolf Gerber vor 30 Jahren nach Singapur.
Seit 2000 ist der Kuchen gewachsen. Aber weil so viele Banken daran teilhaben wollten, war das Stück für die einzelne Bank nicht so gross.
«Damals im Jahre 2000 als alle Banken nach Asien gestürmt sind – da ist der Kuchen sicher gewachsen. Aber weil so viele Banken am gleichen Kuchen teilhaben wollten, war das Stück für die einzelne Bank nicht so gross, wie man sich das erhofft hat.»
Inzwischen habe sich der Markt reguliert, viele der kleineren und mittleren Banken hätten das Feld den Grossen geräumt. Zum Beispiel der UBS, die heute in Asien mit Abstand die führende Vermögensverwalterin ist.
Die grössten Vermögensverwaltungsbanken in Asien
Institut | Land | Verwaltete Vermögen in Mrd. US-Dollar* |
UBS | Schweiz | 383 |
Citi | USA | 256 |
Credit Suisse | Schweiz | 202 |
HSBC | GB | 129 |
Julius Bär | Schweiz | 115 |
DBS | Singapur | 109 |
*per Ende 2017, Quelle: Asian Private Banker, Rangliste ohne Geschäft auf dem chinesischen Festland.
Derzeit verwaltet die UBS als weltgrösste Vermögensverwaltungsbank allein in Asien Vermögen im Wert von umgerechnet über 370 Milliarden Franken. Und Jahr für Jahr sollen mindestens rund 25 Milliarden neue Kundengelder dazu kommen. So lauten zumindest die ambitionierten Wachstumspläne der Bank. Aber auch die Credit Suisse und Julius Bär gehören heute zu den wichtigsten Vermögensverwaltern in der Region.
Swissness steht für Qualität
Wieso aber wählen superreiche asiatische Kunden gerade Schweizer Banken aus, um ihr Vermögen zu verwalten? Aus Prestigegründen, sagt Jeff Floro. Der Amerikaner mit philippinischen Wurzeln arbeitet für die Firma Fundinfo, einem Dienstleister für Fondsinformationen.
Wegen der Marke Schweiz, der Erfolgsbilanz und Langlebigkeit sind Schweizer Banken bei superreichen Asiaten sehr beliebt.
Swissness stehe heute noch für Qualität, glaubt er: «Wegen der Marke Schweiz, der Erfolgsbilanz und Langlebigkeit sind Schweizer Banken bei superreichen Asiaten sehr beliebt. Viele haben gleich Konten bei mehreren Schweizer Banken.»
Asiatische Kunden hätten jedoch andere Bedürfnisse als europäische, sagt Banker Gerber: «Der asiatische Kunde ist generell risikofreudiger.» Das müsse man mit der Geschichte verstehen. «Der sehr reiche Kunde in Asien hat sein Geld selbst erarbeitet. Er ist reich geworden, weil er Risiken genommen hat, die sich dann ausbezahlt haben.» Und das stehe im Gegensatz zum sehr reichen Kunden in Europa, dessen Reichtum meist über Generationen erarbeitet worden sei, ergänzt Jan Vonder Mühll von Julius Bär.
Woher kommen die Millionen?
Die Erwartungshaltung von asiatischen Kunden an Schweizer Banken sei dabei ungemein hoch, die Margen der Banken kleiner als in Europa. Und es gibt Risiken. Denn nicht alle Superreichen kamen legal zu ihrem Reichtum.
So tauchten vor drei Jahren 700 Millionen US-Dollar auf dem Privatkonto des damaligen malaysischen Premierministers Najib Razak auf. Laut Untersuchungen der US-Justiz gehörten sie zu 4.5 Milliarden Dollar, die aus dem malaysischen Staatsfonds 1MDB entwendet worden waren. Das pikante dabei: Die Gelder flossen auch über den Finanzplatz Singapur, unter anderem über die Zweigstellen der beiden Schweizer Banken Falcon und BSI.
Angst vor Reputationsschäden
Das saubere Image des Finanzplatzes war auf einmal angekratzt. Die Vermögensverwalter waren aufgeschreckt und überprüften hektisch ihre Kundenlisten auf Risikokandidaten. Vor allem bei Banken, die in Asien stark über Zukäufe gewachsen seien, bestehe erhöhte Gefahr, dass kritische Kunden mitübernommen würden, heisst es aus Bankenkreisen.
Wenn einer sehr raffiniert betrügt, gibt es immer noch Möglichkeiten, dass auch Geld aus unsauberen Quellen bei einer Schweizer Bank landen könnte.
Dazu gehört, seit der Übernahme des Privatbank-Geschäfts der Bank of America Merrill Lynch, auch Julius Bär. Heute investiere auch die Privatbank enorm viel, um neue Kunden zu durchleuchten, sagt Vonder Mühll. Aber: «Wenn einer jetzt sehr raffiniert und mit grossem Aufwand betrügt, gibt es immer noch Möglichkeiten, dass auch Geld aus unsauberen Quellen bei einer Schweizer Bank oder bei uns landen könnte.»
Kein Geschäft ohne Risiko
Julius Bär unternehme unterdessen enorm viel, um das zu verhindern. «Denn am Schluss ist der Reputationsschaden, den wir erleiden, viel grösser als der vielleicht kurzfristige Erfolg, wenn man einen neuen Kunden gewinnen kann», sagt Vonder Mühll.
Auch die UBS ist aus Schaden klüger geworden: Sie kassierte von der Finanzmarktaufsicht in Singapur eine Millionenbusse, weil sie am Rande auch in den Riesenskandal um den malaysischen Staatsfonds 1MDB verwickelt war. Seither hat sie vor Ort ihre Bemühungen im Kampf gegen die Geldwäscherei verstärkt.
So verlockend die Asiaten mit dem ultra-dicken Portemonnaie für Schweizer Banken also sind, ganz ohne Risiken kommen sie nicht.