Es ist noch nicht lange her, da war nachhaltiges Investieren (englisch: ESG) bei institutionellen Investoren ein Lippenbekenntnis, kaum mehr als eine PR-Massnahme und im besten Fall eine Nische.
Doch inzwischen hat der Wind gedreht. Der Klimawandel spielt dabei eine entscheidende Rolle. Aber nicht die einzige.
Publica, BVK und AHV-Fonds als Trendsetter
Denn neben der Umwelt sind auch die Themen Soziales und Unternehmensführung Bereiche, die potenziell Risiken für den Börsenkurs bergen, wenn Unternehmen sie zu wenig gut oder gar nicht beachten.
Deshalb findet ESG nun verstärkt Eingang in die Anlageentscheide der Finanzbranche. Nicht aus altruistischen Gründen. Sondern aus Risikoüberlegungen.
Treiber dieser Entwicklung sind Versicherungen. Sie entscheiden jeden Tag, welche Risiken sie versichern und zu welchem Preis. ESG-Risiken gehören dazu.
Eine ECO-Umfrage zeigt beeindruckende Zahlen: Von den angefragten Versicherungen setzen Allianz und Swiss Re bis jetzt den ESG-Ansatz am konsequentesten um (siehe unten: «Soviel Milliarden werden ESG-konform verwaltet»).
Beide Unternehmen managen ihre Anlagegelder zu 100 Prozent nach ESG-Kriterien. Beim weltgrössten Rückversicherer Swiss Re sind es rund 130 Milliarden Franken, beim deutschen Versicherer Allianz gar 750 Milliarden Franken.
Auch grosse Schweizer Pensionskassen gehören zu den Trendsetters: Die Pensionskassen des Bundes und des Kantons Zürich sowie der AHV-Fonds haben das Thema ESG in ihre Risikoanalyse zumindest für Teile des Vermögens integriert.
Regulatoren machen Druck
Doch warum nimmt das Thema plötzlich Fahrt auf? Aus drei Gründen: Viele Regulatoren treiben ESG international voran.
So müssen beispielsweise Pensionskassen in Grossbritannien ab Oktober 2019 begründen, warum sie ESG bei ihren Anlagekriterien nicht berücksichtigen.
In Frankreich müssen Vermögensverwalter seit 2016 ESG- und Klimaberichte ihrer Anlagen ausweisen.
In der Schweiz gibt es solche Vorgaben für die Finanzbranche bisher noch nicht. Dafür wurde auf Ebene der G20, der 20 grössten Industrieländer, die Task Force on Climate-related Financial Disclosure (TCFD) gegründet.
Sie will einheitliche Standards schaffen, nach denen Unternehmen weltweit über ihre Klimarisiken informieren.
Klimaretter im Nebenjob
Zweitens sind inzwischen grössere Datenmengen verfügbar über Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit. Und drittens: Computerprogramme, die in der Lage sind, all diese Daten auf ESG-Risiken zu analysieren, zu bewerten und dabei auch die Kosten im Griff zu behalten.
Guido Fürer, Swiss Re-Anlagechef, ist nach einem Jahr mit dem Ergebnis zufrieden (siehe Interview). Das Gesamtrisiko im Portfolio sei gesunken und die Rendite sogar leicht höher als ohne ESG. Und das Klima wird nebenbei auch noch gerettet. Klingt nach einem guten Deal.
Soviel Milliarden werden ESG-konform verwaltet
Name | Anlagevermögen gemäss ESG-Kriterien in Franken | Anteil am gesamten Anlagevermögen | |
Pensionskasse | |||
Compenswiss (AHV-Fonds) | 14 Milliarden | 40 % | |
Publica (Pensionskasse des Bundes) | 28,5 Milliarden | 75 % | |
BVK (Pensionskasse des Kantons Zürich) | 30 Milliarden | 91 % | |
Versicherungen | |||
Zurich | 100 Milliarden | 50 % | |
Swiss Re | 130 Milliarden | 100 % | |
Axa | 550 Milliarden | 85 % | |
Allianz | 750 Milliarden | 100 % | |
Vermögensverwalter | |||
Blackrock | 500 Milliarden | 8 % | |
Vanguard | 7 Milliarden | 0,1 % | |
Die Pensionskassen von Post, SBB und Swisscom gaben keine Auskunft. | Quelle: Unternehmensangaben, Stand 15.10.18 | ||