Der Nationalrat hat beschlossen, das Stiftungsrecht zu lockern – der Ständerat hatte schon zugestimmt. Unterhaltsstiftungen sollen es ermöglichen, Familienvermögen voraussetzungslos an Erben weiterzugeben.
Was ist die Idee der Familienstiftung? Sie dient dazu, Familienvermögen zu erhalten und Familienmitglieder finanziell zu unterstützen. Die Errichtung ist in der Schweiz bisher nur zu spezifischen Zwecken erlaubt. Zum Beispiel für die Erziehung oder Unterstützung von Angehörigen. Nicht erlaubt sind bisher Unterhaltsstiftungen, die einzig dem allgemeinen Lebensunterhalt von Nachkommen dienen.
Es besteht die Gefahr, dass unerwünschtes Vermögen angezogen wird, sei es zum Zwecke der Steuerhinterziehung, Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung.
Wieso besteht die Einschränkung? Anfang 20. Jahrhundert, als das Gesetz dazu ausgearbeitet wurde, wollte der Gesetzgeber den feudalen Strukturen einen Riegel schieben. Seit dem Mittelalter konnten Ländereien in einem sogenannten Familienfideikommiss an die Familie gebunden werden. 1945 gab es zudem ein Bundesgerichtsurteil, das sich gegen Familienunterhaltsstiftungen aussprach. Etwa weil man befürchtete, Erben würden sich auf die faule Haut setzen, wenn sie einfach so Geld bekämen. Seither blieb es beim Verbot. Die Schweiz wollte zwar das angelsächsische Konstrukt der Trusts einführen. Weil die Umsetzung kompliziert wäre, wird nun davon abgesehen.
Was würde eine Familienunterhaltsstiftung bringen? Das Verbot sei ein alter Zopf, sagen Befürworter. Familien würden ins Ausland gedrängt, wo Stiftungen und Trusts viel kosteten. Auch müsse die Schweiz die ausländischen Konstrukte im Nachhinein anerkennen, ohne aber deren Inhalt kontrollieren zu können. Zudem brächte die Neuerung mehr Steuereinnahmen. Eine Studie des Forschungsinstituts Bass aus dem Jahr 2020 spricht von Mehreinnahmen bei den Steuern von bis zu 190 Millionen Franken.
Das Risiko für Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung ist nicht höher.
Was sagen die Gegner? Die Gegner argumentieren, die Unterhaltsstiftung sei etwas für Reiche. Andere sehen Missbrauchspotenzial, indem Geld vor Steuerbehörden oder Gläubigern abgeschirmt werden könne. Auch «besteht die Gefahr, dass unerwünschtes Vermögen angezogen wird, sei es zum Zwecke der Steuerhinterziehung, Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung», sagt Hans Michael Riemer, emeritierter Rechtsprofessor der Universität Zürich.
Was ist umstritten? Das Risiko für Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung sei nicht höher, sagt Andrea Opel, Steuerrechtsprofessorin der Universität Luzern. «Die Schweizer Familienstiftung ist in die entsprechenden internationalen Massnahmen und Reportingpflichten des automatischen Informationsaustauschs (AIA) eingebettet und dabei bleibt es», sagt Opel weiter. Auch steuerliches Missbrauchspotenzial sieht sie nicht. Die Unterhaltsstiftung werde steuerlich nicht anerkannt. Das Vermögen werde dem Stifter oder den Begünstigten zugerechnet.
Was bringt die Lockerung dem Schweizer Finanz- und Stiftungsplatz? «Der Stiftungsplatz Schweiz wird gestärkt», sagt Dominique Jakob vom Zentrum für Stiftungsrecht an der Universität Zürich. Er rechnet mit mehr Familien- und mehr gemeinnützigen Stiftungen. Heute zähle die Schweiz rund 500 Familienstiftungen und 13700 gemeinnützige Stiftungen. Die Gesetzesanpassung verspricht insbesondere für Vermögensverwalter, Anwälte und Treuhänder mehr Aufträge.