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Rosa Rosen auf KPMG-Stehle.
Legende: Der Revisions- und Beratungskonzern KPMG beschäftigt weltweit knapp 200'000 Angestellte und setzt fast 26 Mrd. US-Dollar um. kpmg
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Nähe ist heikel Die Millionen-Honorare der Revisionsfirmen

Postauto erschleicht sich während Jahren illegal Millionen-Subventionen – und ihr externes Revisionsunternehmen will davon nichts geahnt haben. Das System hat offenbar Schwachstellen.

Was sind geprüfte Bilanzen und Jahresrechnungen wert, wenn Fälle wie jener bei Postauto möglich sind? Das dürften sich viele Aussenstehende fragen.

Geschäftsleitung und Verwaltungsrat hätten es merken müssen. Aber vermutlich auch die Revisionsgesellschaft KPMG. Sie prüft seit 1998 die Bücher der Post. KPMG erhielt im vergangenen Jahr dafür 4 Mio. Franken an Honoraren; 2011 waren es noch 2,4 Mio. Franken.

Andere Konzerne zahlen noch viel mehr. Prüfung und Beratung ist ein lohnendes Geschäft. Die neunzehn Konzerne im Swiss Market Index zahlten im vergangenen Jahr 450 Millionen Franken an die vier grossen Revisionsgesellschaften Deloitte, PWC, EY und KPMG.

Eine Nähe, die nicht geht.
Autor: Monika RothAnwältin und Corporate-Governance-Expertin

Heikel: In vielen Fällen prüfen die Revisionsgesellschaften nicht nur, sondern sie beraten ihre Kunden auch. Sie haben zwei Hüte auf.

Die «Big Four»

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Revisionsgesellschaften haben die Aufgabe, die Finanzberichterstattung von Unternehmen zu überprüfen und zu attestieren, dass alles gemäss den geltenden Rechnungslegungsvorschriften seine Richtigkeit hat.

Die Branche wird von vier Firmen dominiert, den «Big Four»: Deloitte, PWC, EY und KPMG. Sie beschäftigen weltweit zusammen 890'000 Mitarbeiter und erwirtschaften über 120 Mrd. US-Dollar Umsatz.

Für Corporate-Governance-Expertin Monika Roth ist klar: Hier gibt es einen Interessenskonflikt. «Sie können nicht objektiv jemanden kontrollieren, den sie auch beraten», sagt sie. Das erzeuge eine Nähe, die nicht gehe.

Sie fordert, dass Revisionsfirmen bei ihren Kunden jeweils nur eine Aufgabe erfüllen dürften: entweder jene des Kontrolleurs oder jene des Beraters.

Zweites Problem aus Sicht von Monika Roth: Unternehmen mandatieren ihre Revisionsgellschaften sehr oft über Jahrzehnte.

Video
Rechtsprofessorin Monika Roth über Postauto und KPMG
Aus ECO vom 25.06.2018.
abspielen. Laufzeit 54 Sekunden.

Wie die Tabelle zeigt, hat etwa die Zürich Versicherung seit 35 Jahren dieselbe Revisionsgesellschaft (PWC). Swiss Re, Swatch und ABB vergeben ihre externe Buchprüfung seit mehr als 20 Jahren an dieselben Unternehmen.

Zwar muss in der Schweiz der leitende Revisor nach 7 Jahren wechseln, nicht aber die Prüfgesellschaft. Im Gegensatz dazu gilt in der Europäischen Union eine zeitliche Beschränkung von 10 Jahren für Prüfmandate.

Honorare der SMI-Firmen an Revisionsgesellschaften 2017 (in Mio. Fr.)

Unternehmen
Honorare
RevisorMandat seit
ABB29,9EY1994
Adecco7,7EY2002
Credit Suisse
61,9KPMG1990
Geberit2,3PWC1997
Givaudan4,3Deloitte2009
Lafarge Holcim
14,8Deloitte2017
Julius Bär
9,4KPMG2006
Lonza5,4KPMG1999
Nestlé54,7KPMG1993
Novartis33PWC
1996
Richemont10,4PWC1993
Roche23,3
KPMG2004
SGS7,5Deloitte2000
Swatch7,3PWC1992
Swisscom3,3KPMG2004
Swiss Life
9,0PWC2002
Swiss Re
31,9PWC1991
UBS80,9EY1999
Zurich Insurance
54,0PWC1983
Total450,8

Im Zusammenhang mit dem Postauto-Skandal steht KPMG im Fokus. Im Untersuchungsbericht wurde die Revisionsfirma scharf kritisiert. Unter anderem ist zu lesen: «Insbesondere die Lizenzgebühren qualifizieren offensichtlich als verdeckte Gewinnausschüttung. Dieser Sachverhalt wurde, soweit ersichtlich, von KPMG nicht näher thematisiert.»

Das heisst: Postauto hat unter dem Aufwandposten «Lizenzgebühren» die erschlichenen Subventionen aufgeführt, die an die Post geflossen sind.

Zugespitzt formuliert hat KPMG also wider besseres Wissen weggeschaut. Im Interview mit «ECO» weist der CEO von KPMG Schweiz diesen Vorwurf zurück (s. Box).

Stellungnahme KPMG

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Stefan Pfister, Geschäftsführer KPMG Schweiz:

«Der Untersuchungsbericht hat keine Pflichtverletzung seitens Revision festgestellt und das Unternehmen hat im Laufe der Untersuchung die eigene Sicht nicht darlegen können. Der Vorwurf, KPMG hat vom Subventionsbetrug gewusst und die Gewinnverschleierung unterstützt, ist spekulativ.

Zudem liegen uns heute auch keine Erkenntnisse vor, wonach Mitarbeitende von KPMG von den bewussten Manipulationen in der Spartenrechnung Kenntnis gehabt haben.

Und hierbei ist auch ganz wichtig zu verstehen, dass erstens die subventionsrechtliche Spartenrechnung nicht Bestandteil der Jahresrechnung ist, die wir prüfen, und zweitens, dass wir keinen Auftrag gehabt haben, diese Spartenrechnung zu prüfen.»

Die eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde RAB hat eine Untersuchung gestartet, wie die Behörde gegenüber «ECO» bestätigt. «Im Fall von KPMG gab es ja eine Veröffentlichung im Februar des Bundesamtes für Verkehr, dass es dort Probleme geben könnte», sagt Frank Schneider, Direktor der RAB. «Das haben wir als Anlass genommen, Abklärungen zu initiieren.»

Und was den Fokus der Untersuchung angeht, sagt Schneider: «Wir schauen, ob die Prüfer kritisch genug waren.»

Deliktische Handlungen passieren leider öfters, als man glaubt.
Autor: Frank SchneiderLeiter Revisionsaufsichtsbehörde (RAB)

Frank Schneider sagt, die Vorfälle bei Postauto hätten ihn überrascht, wenn auch nicht schockiert: «Deliktische Handlungen passieren leider öfters, als man glaubt. Aber oft ist es so, dass die Unternehmen das nicht veröffentlichen, sondern dass man Einigungen sucht.»

Video
Frank Schneider, RAB, über den Postauto-Skandal
Aus ECO vom 25.06.2018.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 11 Sekunden.
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