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Nein zum Alkoholverkauf So haben die Migros-Genossenschaften abgestimmt

Während etwa in Zürich ein klares Nein resultierte, fiel der Entscheid in der Westschweiz schon knapper aus.

Monatelang wurde darüber debattiert, ob beim zweitgrössten Detailhändler des Landes künftig auch Alkohol im Sortiment stehen soll. Die Emotionen gingen zum Teil hoch: Vom Verrat am Erbe von Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler war die Rede. Seit bald 100 Jahren verzichtet man beim orangen Riesen nämlich darauf, Bier, Wein und Schnaps zu verkaufen.

Bis zum 4. Juni hatten die 2.3 Millionen Genossenschafter und Genossenschafterinnen Zeit, ein «Oui» oder «Non» einzulegen. 632'413 Stimmen kamen auf postalischem Weg oder direkt in einer Migros-Filiale zusammen. Daraus resultierte ein klares Nein – mit leichten regionalen Unterschieden.

Deutliches Nein in Zürich, knapper Entscheid im Tessin

Der Prozess hatte vor gut einem Jahr begonnen. Ganz einfach ist dies im grossen Migros-Universum nämlich nicht. Denn statt einer fanden quasi zehn Abstimmungen gleichzeitig statt. Theoretisch wäre ein Flickenteppich möglich gewesen, bei dem in einem Gebiet der Verkauf von Alkohol erlaubt worden wäre, in einem anderen jedoch nicht. Doch dazu kam es nicht. Alle zehn Genossenschaften sagten Nein.

Karte mit den Resultaten der Migros-Abstimmung
Legende: Klares Votum – mit leichten regionalen Unterschieden Die Migros setzt sich aus zehn regionalen Genossenschaften zusammen. Der Regionalverband Aare ist die grösste. SRF

Am stärksten abgelehnt wurde das Vorhaben in Zürich. Hier stellten sich über 80 Prozent der Stimmenden gegen den Verkauf von Alkohol in den Filialen, Restaurants und Take-Aways. Der grösste Ja-Anteil resultierte im Tessin mit 44.7 Prozent. Ähnlich hoch wie in Zürich fiel der Entscheid auch in der mächtigen Aare-Genossenschaft aus, die sich über die Kantonsgrenzen von Bern, Solothurn und dem Aargau erstreckt. Auch in der Ostschweiz, Basel, Luzern und Neuenburg-Freiburg fielen die Entscheide mit je über 70 Prozent deutlich aus.

Im Vorfeld der Abstimmung war spekuliert worden, dass sich die Stimmung in der Romandie wohl von derjenigen in der Deutschschweiz unterscheide. Gerade der Weinkanton Wallis schien ein möglicher Ja-Kandidat. Doch auch hier resultierte nun ein Nein-Anteil von über 60 Prozent.

Ähnlich sah es in den beiden anderen grossen Westschweizer Regionalgenossenschaften Waadt und Genf, mit 69 resp. 65 Prozent, aus.

Ernüchterung bei der Führung, Freude an der Basis

Die Führung des Migros-Genossenschaftsbundes MGB hatte sich im Vorfeld der Abstimmung explizit für einen Alkoholverkauf ausgesprochen. Man wollte damit einen vermeintlichen Nachteil mit den Mitbewerbern aus dem Weg räumen.

Das deutliche Nein dürfte darum für Nüchternheit am Hauptsitz in Zürich gesorgt haben. MGB-Chefin Ursula Nord zeigt sich dennoch konziliant: «Gewonnen hat die Migros-Demokratie», lässt sie sich in einer Medienmitteilung zitieren. Dass ein einheitlicher Entscheid über alle Regionen zustande kam, nahm man mit Genugtuung zur Kenntnis.

So etwas ist nur in der Migros-Gemeinschaft möglich.
Autor: Marianne Meyer Präsidentin der MGB-Delegiertenversammlung

Marianne Meyer, Präsidentin der MGB-Delegiertenversammlung, betont derweil den demokratischen Charakter des Entscheides: «Der Anstoss, das Alkoholverbot wieder einmal grundsätzlich zu diskutieren, kam aus der Basis der Delegierten und nicht aus dem Management. Nun hat unsere Basis der Genossenschafterinnen und Genossenschafter unmissverständlich entschieden. So etwas ist nur in der Migros-Gemeinschaft möglich.»

Während Wochen hingen in den Läden Tragtaschen, die abwechselnd mit einem Ja oder einem Nein beschriftet waren. Wie zu einem früheren Zeitpunkt versprochen, werden diese Embleme nun ein Nachleben haben. Die Migros hat angekündigt, nächstes Jahr ein alkoholfreies «Non»-Bier ins Sortiment aufzunehmen.

SRF4 News, 16.6.22, 8 Uhr

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