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Neue Datenplattform zeigt So viel Sand holen wir aus dem Meer

Pro Jahr werden 50 Milliarden Tonnen Sand für Beton, Glas und andere Bauteile aus Flüssen und Sandbänken ausgebaggert. Ein grosser Teil stammt aus den Weltmeeren, zeigt nun eine Datenplattform, die an der Universität Genf zusammen mit UNO-Gremien entwickelt wurde.

Auch vom Meeresgrund werden vier bis acht Milliarden Tonnen Sand pro Jahr abgesaugt und verarbeitet – mit Folgen für die marinen Ökosysteme.

Ein Sandbagger kommt im Kampf gegen die Erosion vor der französischen Küste zum Einsatz.
Legende: Ein Sandbagger kommt im Kampf gegen die Erosion vor der französischen Küste zum Einsatz. Solche Schiffe saugen den Sand – und alles andere – wie ein Staubsauger vom Meeresboden. Reuters/Regis Duvignau

Das Grid-Geneva, ein Forschungsteam der UNO, des Bundesamts für Umwelt und der Universität Genf, hat mithilfe von künstlicher Intelligenz und der Positionsdaten von abertausenden Schiffen, die jährlich auf den Meeren unterwegs sind, diese Saugschiffe ausfindig gemacht. Ein Schiff, das hin- und zurückfahre, sei mit grosser Wahrscheinlichkeit ein Baggerschiff, sagt Grid-Direktor Pascal Peduzzi.

Wie riesige Staubsauger

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Sandbaggerschiffe funktionieren wie riesige Staubsauger. Sie fahren auf einem bestimmten Meeresabschnitt hin und her und saugen den Sand vom Meeresboden auf – mitsamt Meereslebewesen, die es nicht schaffen, dem Saugrechen zu entkommen. Das aufgesaugte Gemisch wird noch an Bord getrennt. Zu kleine Partikel werden ausgeschwemmt, zu grosse Steine entfernt.

Das Forschungsteam hat diese Schiffe identifiziert, ihre Kapazitäten ermittelt und eine Datenbank mit Zahlen für die letzten zehn Jahre gefüttert. Das Resultat ist eine neue Datenplattform. Sie zeige erstmals auf, wo in den vergangenen Jahren wie viel Sand im Meer abgebaut, wo ausgeladen und wie verwendet wurde, sagt Peduzzi.

Sechs Milliarden Tonnen Meeressand

Die Zahlen sind beeindruckend: In den vergangenen Jahren wurden jährlich im Schnitt sechs Milliarden Tonnen Sand aus dem Meer geholt, das vor allem von Baggerschiffen in China, den USA, den Niederlanden und Belgien.

Die neue Datenbank füllt eine Datenlücke, sie soll aber vor allem auch aufzeigen, welches Land über welche Sandressourcen im Meer verfügt und wo allenfalls zu viel abgebaut wurde. Denn dann könnten sich Meeresfauna und -flora nicht mehr erholen. Sand sei aber auch wichtig, um Meeresküsten vor Erosion zu schützen.

Darum ist Sand so wichtig

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Sand ist eine strategische Ressource für die Welt, sagen die Wissenschaftler des Grid in Genf – als Baustoff, als Lebensraum. Doch Sand ist nicht gleich Sand. Saharasand etwa eignet sich weniger als Baustoff als Meeressand. Ferner braucht man Sand nicht nur als Baustoff für Häuser, Brücken, Dämme oder Strassen. Auch Glas entsteht aus Sand – Solarpanels oder kleinste elektronische Komponenten in Handys und Computern sind aus Silikatsand. Problematisch wird es dann, wenn wir zu viel Sand brauchen. Bis sich ein überfischter Bestand erholt, dauert es Jahre. Bis aber feine Sandpartikel aus Fels heraus erodiert werden, dauert es ungleich länger.

Die Genfer Entwickler der Datenplattform warnen: Die Menge an abgesaugtem Sand sei bald so gross wie jene, die jährlich von Flüssen ins Meer getragen wird. Damit sei Sand nicht ein Allgemeingut, sondern eine strategische Ressource, die immer knapper wird.

HeuteMorgen, 06.09.2023, 06:00 Uhr

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