Wirtschaftsprofessor Felix Schläpfer von der Fachhochschule Kalaidos hat in einer erstmals bei «ECO» veröffentlichten Studie eine längst überfällige Rechnung aufgestellt. Im Auftrag von «Vision Landwirtschaft» hat er eine Vollkostenrechnung für die Schweizer Nahrungsmittelproduktion erstellt:
13.7 Milliarden Franken kostete die Nahrungsmittelproduktion im Jahr 2018. Die Konsumenten zahlten beim Kauf der Produkte 7.4 Milliarden , der Steuerzahler subventionierte die Bauern mit 2.8 Milliarden , und für die an der Umwelt angerichteten Schäden fallen noch einmal 3.6 Milliarden an (Zahlen gerundet).
Das heisst: Fast die Hälfte der Kosten wird von den Steuerzahlern und der Allgemeinheit übernommen.
Vier Fünftel der Subventionen für Tierproduktion
Noch eine weitere, erstaunliche Zahl bringt Felix Schläpfer ans Licht: Vier Fünftel der Subventionen gehen an die besonders umweltschädliche Tierproduktion.
«Es werden falsche Anreize gesetzt», erklärt Schläpfer. «Diejenigen, welche sich im Sinne der Klimaziele gut verhalten und weniger tierische Produkte konsumieren, werden beschissen. Und wer heute viel Fleisch konsumiert und wenig Pflanzen, bekommt viel Unterstützung vom Bund.»
Ausgerechnet die Fleischproduktion, die nur durch riesige Futtermittel-Importe möglich ist, die einen massiven Überschuss an Gülle nach sich zieht und in der Folge jährlich Ammoniak-Schäden in Höhe von 1.7 Milliarden Franken verursacht, wird besonders gefördert.
Bundesamt für Landwirtschaft wiegelt ab
Die Kritik richtet sich nicht in erster Linie gegen die Bauern, sondern gegen den Staat, der falsche Rahmenbedingungen schafft.
Das Bundesamt für Landwirtschaft erklärt dazu schriftlich, «dass die Massnahmen des Bundes umweltschädigende Produktionsweisen und in der Folge umweltschädigende Konsummuster unterstützen, würde zu kurz greifen». Der Bundesrat sei sich bewusst, «dass gewisse, unerwünschte Nebenwirkungen entstehen» und schlage deshalb regelmässig Anpassungen der Agrarpolitik vor.
Markus Ritter vom Schweizer Bauernverband, der als geschickter Lobbyist die Interessen der Bauern durchzusetzen weiss, spricht von falschen Zahlen: «Man kann in einer Vollkostenrechnung nicht nur die Kosten aufführen, sondern muss auch den Ertrag und den Nutzen, den die Landwirtschaft stiftet im Bereich der Biodiversität, beim Tierwohl und im Bereich der Pflege der gesamten Kulturlandschaft, hineinrechnen.»
Allerdings werden die gemeinwirtschaftlichen Leistungen durchaus in der Studie mit einer Milliarde Franken aufgeführt.
Konsequenzen der Kostenwahrheit
Die Berechnung externer Kosten schafft Transparenz und erstmals Kostenwahrheit für die Schweizer Landwirtschaft. Die Studie bietet die Basis, um Reformen anzugehen.
Der Abbau schädlicher Subventionen und die verursachergerechte Verrechnung der Umweltschäden ist zwingend. So liesse sich die Landwirtschaft auf einen nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Weg führen.