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Neuer Trend in der Finanzwelt Ohne Nachhaltigkeitsdaten kein grünes Geld

Der Wunsch nach nachhaltigen Investitionen ruft vermehrt Green-Fintech-Anbieter auf den Plan. Ein Besuch bei einem solchen Unternehmen.

    Hier die Finanzwelt, die Ausschau hält nach nachhaltigen Investments. Dort die Industrie, die Dinge produziert – Maschinen, Computer oder irgendwelche Konsumgüter. Und dazwischen, in der Rolle des Vermittlers, stehen neu Start-ups wie Sustainaccount in Zürich.

    Solche Fintech-Firmen helfen der Finanzwelt, die Industrie besser zu verstehen. Als eine Art Brücke zwischen Finanz- und Realwirtschaft beschreibt Mitbegründer Christian Spindler sein Jungunternehmen. Es verkauft seine Analysen sowohl an Banken als auch an die Industrie.

Datentransfer ist auch Wissenstransfer

    «Die Finanzseite braucht Daten von der Nichtfinanzseite», so Spindler. «Die Nichtfinanzseite braucht wiederum Finanzierung und wird die hoffentlich in Form von grünen Finanzierungen verstärkt bekommen. Das heisst, es bedingt sich einander und wir bilden die Brücke, um die Daten und schliesslich auch den Wissensfluss zwischen den Parteien zu vermitteln.» Die Daten benötigt die Finanzseite, um das Geld in Richtung Nachhaltigkeit zu lenken. Je sozialer und ökologischer, desto besser.

Werkshalle
Legende: Siemens-Werk in Amberg: Hier werden Computer für industrielle Zwecke hergestellt. imago images

Spindler nennt das Beispiel einer Fabrik des Elektronikkonzerns Siemens. Das Werk im bayrischen Amberg stellt Computer für industrielle Abnehmer her. Sustainaccount bekommt dort direkt ab Fabrik die Daten zum CO2-Fussabdruck der Produktion. «Denn ein Computer, der am Montagmorgen hergestellt wird, hat einen anderen CO2-Fussabdruck als einer, der am Montagabend oder Mittwochmittag hergestellt wird.»

Genaue Analyse des CO2-Fussabdrucks

    Öfen würden hoch- und runtergefahren, Geräte ein- und ausgeschaltet, auch das Stromnetz habe unterschiedliche Emissionsfaktoren je nach Zeitpunkt, so Spindler. «Das alles ergibt einen deutlichen Unterschied beim Carbon Footprint der Produkte je nachdem, wann produziert wird.»

    Das Beispiel zeigt: Die Spezialistinnen und Spezialisten von Sustainaccaount wollen es genau wissen bei ihren Analysen. Sie gehen aber noch einen Schritt weiter: Nicht nur der CO2-Fussabdruck und andere Nachhaltigkeitsdaten interessieren. Es zählt auch, wie sich die jeweilige Wirtschaftsaktivität künftig auswirken dürfte auf Klima und Soziales. Also: Ob und bis wann beispielsweise das Ziel von Netto-Null-Treihausgasemissionen einer Fabrik erreichbar sein könnte.

Die Frage ist: Welches Potenzial haben Unternehmen, zu dekarbonisieren oder besser zu werden in irgendeinem Nachhaltigkeitsaspekt?
Autor: Christian Spindler Mitbegründer des Start-ups Sustainaccount

«Die relevante Frage ist eher zukunftsgerichtet: Welches Potenzial haben die Unternehmen, zu dekarbonisieren oder besser zu werden in irgendeinem Nachhaltigkeitsaspekt?», so der promovierte Klimaphysiker.

Wichtig sind diese Zukunftsfragen nicht zuletzt darum, weil die Geldgeber wissen wollen, worauf sie sich einlassen. Denn für die Banken sind Klimarisiken und andere Nachhaltigkeitsthemen heute genauso relevant wie etwa die Gewinn- und Verlustrechnung der Firmen, in die sie investieren.

Echo der Zeit, 05.10.2021, 18:00 Uhr

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