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Griechenland vor Neuwahlen
Aus Tagesschau vom 29.12.2014.
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Wirtschaft «Niemand wird vor den Wahlen in Griechenland investieren»

Die Ankündigung von Neuwahlen liessen die griechischen Finanzmärkte zeitweise bis zu zehn Prozent einbrechen. Gewinnt die linke Opposition die Wahlen, stehen zudem die Hilfskredite von der EU auf der Kippe. Das kann sich Griechenland nicht leisten, sagt Wirtschaftsjournalist Gerd Höhler.

SRF: In spätestens 40 Tagen wird gewählt. Womit muss die griechische Wirtschaft bis dahin rechnen?

Gerd Höhler

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Der deutsche Journalist Gerd Höhler lebt seit 1979 in Athen. Er arbeitet als Korrespondent für Griechenland, die Türkei und Zypern für deutsche Tageszeitungen, darunter der «Tagesspiegel» und das «Handelsblatt».

Gerd Höhler: Das kann keiner voraussagen, und dies trägt zusätzlich zur Verunsicherung an den Finanzmärkten und bei Investoren und Anlegern bei. Niemand wird vor den Wahlen in Griechenland investieren. Wie gross die Unsicherheit ist, haben in den letzten Wochen bereits die griechischen Hoteliers gespürt. Nach einem guten Jahr verzeichneten sie nun einen Einbruch aufgrund der politischen Unsicherheit.

Kann man abschätzen, wie die griechische Bevölkerung reagieren wird?

Die Gefahr besteht, dass Griechenland zur alten Währung Drachme zurückkehrt. Bereits 2012 wurden die zwei aufeinanderfolgenden Wahlen von einer massiven Kapitalflucht begleitet. Viele Sparer holten ihr Geld bei der Bank und bunkerten es unter der Matratze.

Wie realistisch ist dieses Szenario?

In griechischen Bankenkreisen rechnet man durchaus damit. Dort macht man Pläne für alle möglichen Szenarien. Der griechische Finanzminister hat zwar gesagt, man brauche diese Gefahr nicht zu fürchten. Damit anerkennt er aber, dass tatsächlich eine Gefahr besteht.

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Neuwahlen in Griechenland – das Geld wird knapp
aus SRF 4 News aktuell vom 30.12.2014.
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Die Renditen auf griechischen Staatsanleihen sind nach der Ankündigung der Neuwahlen gestiegen. Das heisst, Kredite für das Land verteuern sich. Was bedeutet das für Griechenland?

Das wird zu einem Problem werden, sollte dieser Zustand andauern. Griechenland muss im nächsten Jahr erhebliche Summen bereitstellen, um fällige Anleihen zu refinanzieren, um bilaterale Kredite zu tilgen und um Zinsen zu zahlen. Seit 2012 haben sich Forderungen von über 22 Milliarden Euro angesammelt. Wenn nun keine weiteren Hilfsgelder der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds IWF fliessen, sehe ich nicht, wo das Geld herkommen soll. Das erste Quartal 2015 wird mit Forderungen von 4,5 Milliarden Euro bereits schwierig zu überstehen. Alleine im März warten Zahlungsverpflichtungen von 2,5 Milliarden. Die staatliche Schuldenagentur muss hoffen, dass sich bis dann eine handlungsfähige Regierung gebildet und sich die Unruhe etwas gelegt hat, damit die Hilfskredite wieder fliessen.

Der IWF hat angekündigt, bis zu den Wahlen keine weiteren Kredite zu geben; man wolle erst mit der neuen Regierung verhandeln. Weiter meint der Internationale Währungsfonds, Griechenland habe gar keinen dringenden Finanzbedarf.

Dringend ist es bis zu den Wahlen Ende Januar tatsächlich nicht. Im März wird es aber schon kritisch. Die Regierung hat für das erste Quartal 2015 mit Hilfskrediten von 7,2 Milliarden Euro gerechnet, die schon im Herbst dieses Jahres hätten ausbezahlt werden sollen. Das geschah nicht, und wird erst nach erfolgreichem Abschluss der Verhandlungen mit der Troika geschehen. Die können erst fortgesetzt werden, wenn die neue Regierung gebildet ist.

Die Finanzmärkte spielen verrückt, der IWF macht Druck – obwohl man gar noch nicht weiss, ob Syriza-Chef Alexis Tsipras überhaupt die Verträge mit der EU aufhebt, falls er denn gewählt werden sollte.

Umfragen vor einigen Monaten sahen Syriza mit etwa 8 Prozent vorne, jetzt ist der Vorsprung auf 2,5 Prozent deutlich geschrumpft. Das ist eine Marge, die nahe an der Fehlertoleranz liegt. Gewählt ist Tsipras noch nicht und selbst wenn er gewählt wird, weiss man nicht, was er machen wird. Gerade diese Ungewissheit verunsichert die Finanzmärkte, und diese neigen zur Übertreibung im positiven wie auch im negativen Sinne.

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