Dass der Ölpreis seit geraumer Zeit steigt, spüren die Konsumentinnen und Konsumenten direkt an der Zapfsäule. Der Benzinpreis ist seit Jahresbeginn um fast 30 Prozent gestiegen. So kostet ein voller Tank nicht selten 120 Franken oder mehr.
Die Angst vor Omikron und möglichen Shutdowns schickten den Ölpreis zwar wieder auf Talfahrt. So kostete ein Fass der Sorte Brent zum Wochenstart zeitweise weniger als 70 US-Dollar und schloss fast 6 Prozent tiefer als am Freitag.
Es gibt nur eine Richtung für den Preis – und die ist nach oben.
Trotz starkem Einbruch über die letzten Wochen und hoher Volatilität erwartet Rohstoffexpertin Cornelia Meyer langfristig steigende Ölpreise. «Wir haben zu wenig Investitionen in die Ölförderung und die Ölproduktion. Wenn Sie zu wenig Investition haben und die Nachfrage ungefähr gleich bleibt, gibt es nur eine Richtung für den Preis – und die ist nach oben.»
Hohe Preise zugunsten des Klimas
Wegen des steigenden Rohölpreises wurden das Autofahren und das Heizen mit Öl massiv teurer. «Mit Blick auf die Klimapolitik ist das gar kein schlechtes Signal an den Konsumenten», sagt Daniel Kalt, Chefökonom der UBS Schweiz. Denn höhere Preise setzen Anreize, sich anders zu verhalten und das verteuerte Gut zu substituieren. «Der Konsument sucht andere Möglichkeiten, wie er sich fortbewegen kann. Nicht mehr mit dem öl- oder benzinbetriebenen Auto, sondern vielleicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Diese Substitutionseffekte sind sehr wichtig in einer Wirtschaft.»
Doch gleichzeitig sind steigende Rohstoffpreise Treiber der Inflation. Die Schweizerische Nationalbank hat letzte Woche ihre Inflationsprognose für das vierte Quartal von einem Prozent auf 1,4 Prozent erhöht. Auch Daniel Kalt teilt diese Einschätzung: «Wir rechnen kurzfristig ebenfalls mit einer erhöhten Inflation, weil gerade jetzt im letzten Jahr die Ölpreise sehr stark getrieben sind. Etwa die Hälfte des Inflationsanstiegs kommt vom Öl- und Gaspreis.»
«Es ist der perfekte Sturm»
Auch der Gaspreis dürfte weiterhin hoch bleiben. Laut Rohstoffexpertin Cornelia Meyer hat das verschiedene Gründe. «Erstens hat es letztes Jahr einen sehr starken Winter gegeben, die Lagerhaltung ist tief. Zweitens haben wir wenig Wind und Sonne gehabt, was sich schlecht auf die Erträge mit erneuerbarer Energie ausgewirkt hat.» Geopolitische Spannungen zwischen Russland und Europa sowie Konkurrentin China als grösster Flüssiggas-Empfänger übten weiteren Preisdruck nach oben aus. «Es ist der perfekte Sturm», sagt Meyer.
Ökonom Daniel Kalt rechnet langfristig dennoch mit einer moderateren Inflationsrate. «Wir denken schon, dass sich die Inflation nächstes Jahr dann wieder leicht nach unten bewegen und vermutlich sogar wieder unter einem Prozent liegen wird.» Nicht zuletzt, weil dies ein einmaliger Inflationsschub sei und der starke Schweizer Franken importierte Energieträger und damit die Inflationsrate dämpfe.