Die drei On-Gründer sprechen von einer Innovation: In einer neuen Mini-Produktionsanlage in Zürich-West stellen vier ABB-Roboter einen Laufschuh her – jedenfalls den oberen Teil des Schuhs. Dabei wird dieser aus sogenanntem Thermoplastik gesprayt.
Ein in Form gesprayter Schuhteil
«Die Schuhindustrie arbeitet schon lange daran, die Schuhe vollautomatisch herstellen zu können», sagt Caspar Coppetti, Mitgründer von On. Bisher brauche es 300 Menschen, um einen Laufschuh herzustellen, mit der neu entwickelten Technik nur noch ein paar Roboter.
Die Vorteile dieser vereinfachten Produktion erklärt Marie Georgarakis, Leiterin Technologie- und Produktionsmanagement bei On. «Wir müssen nicht erst das Textil herstellen, zuschneiden und zusammennähen, sondern können direkt die Form des Schuhs herstellen.»
Aber nicht der ganze Schuh entsteht in Zürich. Der Fuss- und Sohlenteil stammt weiterhin aus Asien. Im Jahr 2024 machte On einen Umsatz von 2.2 Milliarden Franken. Die Schuhe stammen aus dem Billiglohnland Vietnam.
Der obere Teil des neuen, 380-Franken teuren Schuhs, erinnert an eine robuste Socke: Einfach anzuziehen ist er nicht. Es ist kein Produkt für die breite Masse, eher eines für hartgesottene Läufer.
Noch zu hoher Ausschuss
Die Herausforderung für On ist es nun, die Herstellung zu skalieren, also zu vergrössern. Doch die Produktion funktioniert noch zu fehlerhaft. «Im Moment haben wir noch etwas zu hohe Ausschüsse», sagt Caspar Coppetti, nämlich 10 bis 20 Prozent. Das sei zu Beginn in der industriellen Produktion üblich.
Doch Coppetti ist zuversichtlich: «Sobald wir es geschafft haben, praktisch ohne Ausschuss zu produzieren, werden wir in Europa aber auch auf anderen Kontinenten anfangen zu skalieren».
Ein Schuh, ganz «made in Switzerland»?
Auch Adidas hat vor ein paar Jahren versucht, die Herstellung näher an die Konsumentenmärkte zu holen, musste das Vorhaben aber abbrechen.
Kann es On nun gelingen, die Schuhproduktion in die Schweiz zu holen, ein sogenanntes Nearshoring? «Vielleicht ist das Beispiel von On ein PR-Gag. Aber gleichzeitig sind viele Bedingungen in diesem Fall für Nearshoring erfüllt», schätzt Matthias Ehrat ein. Er ist Dozent für industrielles Produktmanagement an der ZHAW.
«Einerseits wird ein grosser Technologieübergang gemacht, es findet sehr viel Automatisierung statt, und zudem wird das Lieferkettenproblem gelöst, indem lokaler beschafft wird.» Die Frage sei aber, ob man die nötige Stückzahl für diese Art der Produktion erreichen könne.
Noch steckt das Projekt in den Kinderschuhen. Doch die Firma sagt, die Basis sei gelegt, um bald mehr Schuhe automatisiert herstellen zu können – nicht nur in der Schweiz, aber auch in Ländern wie den USA.