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Pensionskassen unter Druck «Was sie dringend brauchen, sind höhere Zinsen»

Swisscanto hat am Donnerstag den Pensionskassenmonitor für das dritte Quartal veröffentlicht. Dieser zeigt, dass der Deckungsgrad der Schweizer Pensionskassen mit 117 Prozent so hoch ist wie seit der Finanzkrise nicht mehr. SRF-Wirtschaftsredaktorin Charlotte Jacquemart erklärt, was diese Zahl bedeutet und dass das Zinsniveau viel stärkere Auswirkungen hat.

Charlotte Jacquemart

Wirtschaftsredaktorin

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Charlotte Jacquemart hat an der Universität Zürich Ökonomie studiert und arbeitet seit Juni 2017 als Wirtschaftsredaktorin bei Radio SRF. Zuvor war sie 13 Jahre lang bei der «NZZ am Sonntag» tätig.

SRF News: Den Pensionskassen gehe es schlecht, hört man. Nun heisst es, der Deckungsgrad sei hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr. Was stimmt?

Charlotte Jacquemart: Beides. Der Deckungsgrad ist ein rein technischer Wert. Die Aufsichtsbehörden verlangen diesen jeweils Ende Jahr. Es ist eine Momentaufnahme, die etwas darüber aussagt, wie gut die Verpflichtungen, die eine Kasse gegenüber Versicherten und Rentnern hat, heute gedeckt sind.

Früher warfen Schweizer Staatsanleihen vier Prozent Zins ab, heute ist der Wert 0 oder gar negativ.

Wenn die Pensionskassen also heute alles ausbezahlen müssten, dann hätten sie genug Kapitalanlagen, um dies zu tun. Von daher ist der hohe Deckungsgrad von über 117 Prozent eine gute Nachricht. Aber es ist eben nur eine momentane, technische, keine ökonomisch-dynamische Betrachtung.

Und was ist die schlechte Nachricht?

Dass viele Pensionskassen derzeit stark unter Druck sind. Denn für sie ist das Zinsniveau das Entscheidende. Das ist im August um nochmals rund ein Prozent abgesackt. Das heisst also, das Zinsumfeld ist noch negativer geworden, als es eh schon war. Wenn man bedenkt, dass rund die Hälfte aller staatlichen Anleihen ausserhalb der USA heute eine negative Rendite abwerfen, bedeutet das, dass Pensionskassen mit festverzinslichen Anlagen kaum mehr Geld verdienen können. Zur Erinnerung: Früher warfen Schweizer Staatsanleihen vier Prozent Zins ab, heute ist der Wert 0 oder gar negativ.

Gibt es noch andere Auswirkungen dieser Negativzinsen?

Ja, auf der Seite der Verpflichtungen. Das ist fast noch dramatischer, weil Pensionskassen ja fähig sein müssen, in Zukunft Renten auszuzahlen. Das heisst, sie müssen die Verpflichtungen berechnen. Und für diese Zukunftsrechnung ist das Zinsniveau eben auch entscheidend.

Kursschwankungen bei den Obligationen bringen den Pensionskassen letztlich kein Geld.

Denn hier gilt: Je tiefer die Zinsen, desto mehr Kapital müssen die Pensionskassen heute auf die Seite tun. Eine Faustregel besagt: Wenn die Zinsen um ein Prozent sinken, brauchen die Pensionskassen buchhalterisch zehn Prozent mehr Kapital. Diese ökonomische Betrachtung relativiert den technischen Deckungsgrad.

Wieso ist der Deckungsgrad derzeit so hoch?

Das hat einerseits mit den rekordhohen Börsenkursen zu tun. In den letzten Monaten kam aber auch noch eine Blase an den Obligationenmärkten hinzu. Dort sind die Kurse sehr stark gestiegen, weil viele Anleger ihr Geld aus Angst vor einer Rezession in Anleihen parkiert haben. Und wenn alle etwas kaufen – in dem Fall Obligationen –, dann steigen die Kurse. Das sind aber nur Kursgewinne auf dem Papier. Denn solche Kursschwankungen bei den Obligationen bringen den Pensionskassen letztlich kein Geld. Was Pensionskassen ganz dringend brauchen, sind höhere Zinsen. Denn heute zahlen sie Negativzinsen auf ihren Cashbeständen, die bei den Banken liegen.

Das Gespräch führte Roger Aebli.

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