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Petrodollars in der Schweiz Umstrittene Milliarden aus der Wüste

Saudi-Arabien und andere Golfstaaten sind an Schweizer Firmen beteiligt. Genaueres Hinsehen ist nötig.

Das jüngste Beispiel heisst Credit Suisse. Die Saudi National Bank stieg Ende letzten Jahres mit 1.5 Milliarden Franken bei der Schweizer Grossbank ein. Zusammen mit dem Konglomerat Olayan (ebenfalls saudischen Ursprungs) und dem katarischen Staatsfonds sind mehr als 20 Prozent der Bank in den Händen von Golfstaaten.

«Die Saudi National Bank ist ein Investor wie jeder andere auch», sagte dazu Credit-Suisse-Präsident Axel Lehmann im «Eco Talk» vom 5. Dezember 2022.

Ähnlich argumentieren auch andere Schweizer Firmen, wenn sie auf ihre Beteiligungen aus der Wüste angesprochen werden. Zu diesem Thema vor der Kamera ein Interview geben: keine Zeit.

Investitionen nehmen zu

Der Bundesrat pflegt enge Handelsbeziehungen und einen regelmässigen Austausch mit den Golfstaaten. Noch Ende September hat der damalige Finanzminister Ueli Maurer seine Pendants in Saudi-Arabien und Katar getroffen.

Die Zahlen zu den Direktinvestitionen der Schweizerischen Nationalbank zeigen: Firmenbeteiligungen aus Golfstaaten machen zwar, gemessen an allen Direktinvestitionen, einen kleinen Anteil aus. Dennoch haben sich die Investitionen in den vergangenen fünf Jahren vervielfacht.

Bei der Non-Profit-Organisation Public Eye sieht man das kritisch. «Die Golfstaaten leben von fossilen Energien und haben schlechte Menschenrechtsbedingungen, um es mal moderat zu sagen», so Mediensprecher Oliver Classen. «Sie bringen einen Spirit in die Verwaltungsräte dieser Firmen, der für das Risikomanagement und auch für die ethische Komponente nicht unbedingt hilfreich ist.»

Clariant, in deren Verwaltungsrat vier Vertreter des saudischen Investors Sabic sitzen, schreibt, man habe keinen Anlass, diese Bedenken zu teilen. «Die Achtung der Menschenrechte sowie der Schutz unserer Umwelt sind wesentliche Grundsätze unserer Unternehmensführung.» Und: «Unser Verwaltungsrat hat den Ethikkodex bestätigt und trägt die damit verbundenen Massnahmen uneingeschränkt mit.»

Antoinette Hunziker-Ebneter ist Gründerin der Vermögensverwaltung Forma Futura, die sich auf nachhaltige Anlagen spezialisiert hat. Sie schreibt: «Es ist wichtig, dass die Geschäftsführung bedeutende Investoren aus anderen Kulturkreisen eng begleitet. So kann sichergestellt werden, dass die Werte und die Unternehmenskultur von allen Investoren mitgetragen werden.» Das Unternehmen müsse ihnen aufzeigen, «dass es in ihrem ureigenen Interesse als Anleger ist, dass das Unternehmen seine Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft wahrnimmt».

Gesetz zur Investitionskontrolle kommt

In der Schweiz wird ein Gesetz zur Investitionskontrolle kommen. Die Vernehmlassung ist seit September abgeschlossen.

Oliver Classen fordert: «Wir müssen unbedingt sicherstellen, dass wir einheitlich sind, wenn es um die Investitionskontrolle geht, und auch menschenrechtlich wie ökologisch problematische Staaten wie die Golfstaaten mit auf dem Radar haben.»

Dass die Investitionen aus den Golfstaaten weiter zunehmen werden, daran lässt der saudische Finanzminister am Rande des World Economic Forums keinen Zweifel. Im Interview mit SRF sagt er: «Unser Staatsfonds sucht nach weiteren Möglichkeiten in der Schweiz in Banking und Tourismus. Auch an der Pharmabranche sind wir sehr interessiert. Sollte es dort Gelegenheiten geben, werden wir sofort investieren.»

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Tagesschau, 16.1.23, 19.30 Uhr

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