Wegen läppischen fünf Rappen auf die bequemen Plastiksäckchen verzichten? Manch einer mag über die Ankündigung der Migros geschmunzelt haben. Nach einem Jahr zeigt sich: Die Nachfrage ist um satte 80 Prozent eingebrochen. Sind wir wirklich derart «preisbewusst» (um nicht zu sagen geizig)? Oder hat uns die Migros über ein Umweltproblem aufgeklärt, das uns gar nicht bewusst war – uns also wachgerüttelt?
Letzteres abzuleiten, wäre schmeichelhaft. Allein: Es stimmt nicht. Glaubt man dem Wirtschaftspsychologen Christian Fichter, geht es in erster Linie ums Geld. Die Höhe des Betrages spiele dabei eine untergeordnete Rolle. Zentral sei der schlichte Fakt: Was vorher gratis war, kostet jetzt etwas.
Dadurch entsteht mental eine andere Konnotierung, eine andere Buchführung: Jetzt reduzieren die Plastiksäckchen meine wichtige Ressource Geld.
Die Konsumenten erziehen sich gegenseitig
Allerdings spielt für den Wirtschaftspsychologen auch die Hemmschwelle eine Rolle. Denn die Säckchen müssen nun aktiv an der Kasse verlangt werden. Ein Kunde in einer Migros-Filiale antwortet auf die Frage, warum er keine Plastiksäcke mehr will:
Weil er jetzt etwas kostet, und weil man komisch angeschaut wird, wenn man fünf Rappen dafür ausgibt.
Unser Gewissen lebt
Soziale Kontrolle; Ausgaben, die sich über das Jahr hinweg auf mehrere Franken summieren könnten – all das stellt uns ein etwas zweifelhaftes Zeugnis aus. Doch Wirtschaftspsychologe Fichter mag den Stab nicht über den Konsumenten brechen. Denn die neue Scheu gegenüber den raschelnden Säckchen zeige auch: Die Erkenntnis, dass sie schädlich für die Umwelt sind, habe sich durchgesetzt.
Tatsächlich sei mehr getan worden, als ganz einfach eine Gebühr einzuführen. «Es gab Kampagnen, durch die man mittlerweile weiss, dass diese Säckchen bedenkliche Konsequenzen für die Umwelt haben», sagt Fichter. Daraus habe sich eine neue soziale Norm – und mit ihr Gruppendruck – entwickelt, die dazu geführt habe, dass sich Konsumenten vom Plastiksack abwenden.