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Priorität bei der Stellensuche Work-Life-Balance wird immer wichtiger

Die gute Arbeitsmarktlage lässt Arbeitnehmer wählerisch werden. Chefs haben derweil grosse Mühe bei der Personalsuche.

Wenn der Arbeitsmarkt sich entspannt, werden die Arbeitnehmenden wählerischer. Zumindest gut Ausgebildete können es sich leisten, mehr auf das Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit zu setzen, nun da es für Fachkräfte immer einfacher wird, eine Stelle zu finden.

In einer Umfrage untersucht die Page Group, wie sehr den Arbeitnehmenden an ihrer sogenannten Work-Life-Balance liegt. Mehr als die Hälfte der Befragten gewichtet diese höher als einen Stellenwechsel an sich. Das Beratungsunternehmen verzeichnet in diesem Jahr damit den höchsten Wert seit die Umfrage 2014 zum ersten Mal durchgeführt wurde.

Gute Wirschaftslage entspannt den Arbeitsmarkt

Dass die Schweizer Wirtschaft in Hochform ist, zeigt auch die vergangene Woche veröffentlichte Arbeitslosenstatistik des Bundes. «Der Arbeitsmarkt ist in einer sehr robusten Verfassung», sagt Boris Zürcher vom Staatsekretariat für Wirtschaft Seco. «Angesichts dessen, dass wir mehrere Schocks erlebt haben über die letzten zehn Jahre hat die Erholung rasch gewirkt.»

Das spiegelt sich vor allem in den niedrigen Arbeitslosenzahlen wieder. Für dieses Jahr wird eine Quote von 2,6 Prozent erwartet – ein Wert, der seit Jahren nicht mehr erreicht wurde. Der Mangel an Fachkräften verschärfet sich damit und gut Qualifizierte könnten somit wählen, wo sie arbeiten wollen.

Während dem Einzelnen also aus eine Fülle von Jobangeboten zur Wahl steht, bekunden Firmen Mühe, Stellen zu besetzen. Diese Entwicklung bemerkt auch der weltgrösste Personalvermittler Adecco mit Sitz in Zürich. Konzernchef Alain Dehaze bestätigt: «Es gibt eine niedrige Arbeitslosigkeit in der Schweiz und man sucht viele Arbeitskräfte.»

Arbeitgeber suchen, Arbeitnehmer wählen aus

Eine der Firmen, die gerne einstellen würde, der es aber zunehmen schwerfällt, ist Bucher Hydraulics. Die Hydrauliksparte des Maschinenbauers Bucher braucht Spezialisten, doch die Zeiten, als ihr die Bewerbungen zuflogen, sind vorbei. «Wir merken den Unterschied zwischen jetzt und der Krise. Damals bekamen wir viele Dossiers, jetzt fast keine. Die Leute können es sich aussuchen, wo sie arbeiten wollen», stellt Chef Jens Kubasch fest.

Die Leute können es sich aussuchen, wo sie arbeiten wollen.
Autor: Jens Kubasch Chef Bucher Hydraulics

Wie einfach es hingegen für Arbeitnehmer ist, eine neue Stelle zu finden, zeigt das Beispiel von Andreas Grütter, der seit April beim Unternehmen als Applikationsingenieur angestellt ist. «Die Stellensuche war einfach. Ich hatte schnell vier bis fünf Verträge auf dem Tisch und konnte mich dann entscheiden», beschreibt er seine Stellensuche. Am Ende fiel die Wahl auf Bucher. Dabei spielte sicher das internationale Umfeld, in dem die Firma tätig ist, eine Rolle, aber auch die Flexibilität des Arbeitgebers.

Attraktiv bleiben – nur wie?

Jens Kubasch muss sich ganz schön anstrengen, wenn er zu gutem Personal gelangen will. Anstatt dass dieses zu ihm kommt, geht er nun zu ihm. «Über die klassischen Kanäle wie das Internet kommt nur noch sehr wenige. Wir müssen die Leute direkt ansprechen oder auch Ehemalige aktiv zurückholen.»

Wer qualifizierte Arbeitnehmer rekrutieren will, muss sich also gut überlegen, wie er als Arbeitgeber attraktiv bleiben will: «Wir heben uns von der Konkurrenz ab, indem wir Perspektiven bieten mit Weiterbildung und wir sind flexibel bei Teilzeit.» Dass der Industriebetrieb gerade da nachgibt, erstaunt. Schliesslich ist Teilzeitarbeit in der Branche alles andere als üblich.

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